Evangelische Kirche: Gebäude am Rathenauplatz macht Ärger

16.1.2018, 05:47 Uhr
Seit 2017 ist der ehemalige Postbau am Rathenauplatz im Besitz der Kirche. In dem Vorbau residiert bis 2020 die AOK.

© Roland Fengler Seit 2017 ist der ehemalige Postbau am Rathenauplatz im Besitz der Kirche. In dem Vorbau residiert bis 2020 die AOK.

Nicht nur am Erwerb scheiden sich die Geister, sondern mehr noch an der Frage, ob und wie die Riesenimmobilie mit rund 25.000 Quadratmetern Nutzfläche von eigenen Einrichtungen und Diensten genutzt werden soll und kann.

Für 47,2 Millionen Euro hatte die evangelische Landeskirche – das Stadtdekanat ist nicht beteiligt – den Komplex im vergangenen Sommer von der Fürther P & P Gruppe einverleibt. Vielleicht hat sie den Erwerb inzwischen halbwegs verdaut, zumal sie für den flache Südflügel seit ein paar Monaten die AOK Mittelfranken als solide Mieterin hat. Und zwar für drei Jahre, bis die Krankenkasse den Neubau ihrer Verwaltungs- und Kundenzentrale am Frauentorgraben beziehen kann; im achtstöckigen Hauptbau ist derweil noch die Telekom einquartiert.

Noch im Magen liegt der Kirche aber die Frage der langfristigen Nutzung: Ursprünglich hatten die Finanzstrategen der Landeskirche die Immobilie "nur" als Renditeobjekt ausgespäht. Sie benötigen sichere Anlagen, um die Pensionsansprüche von Geistlichen und anderen Mitarbeitern langfristig abzusichern. Weil mit gängigen und entsprechend verlässlichen Anleihen kaum Zinsen zu erwirtschaften sind, sieht sich auch die Kirche genötigt, mehr Geld in Immobilien zu stecken.

Allerdings tauchte alsbald die Frage auf, ob die Kirche das Anwesen nicht auch für eigene Einrichtungen nutzen könnte oder sollte. Schließlich könnten so andere, teuer gemietete oder sanierungsbedürftige Objekte aufgegeben werden. Knapp ein Dutzend Werke und Dienste, vom Gottesdienstinstitut über das Predigerseminar bis zum Amt für Jugendarbeit, sollten sich bisher dazu äußern.

Mehrheit lehnt Umzug ab

Doch eine Mehrheit steht einem Umzug in den Komplex reserviert bis ablehnend gegenüber, fasst Johannes Rehm als Sprecher der Konferenz Dienste und Einrichtungen die Stimmungslage zusammen. Auch für seinen eigenen Arbeitsbereich, den Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KdA), kann sich der Theologe einen Wechsel in den Betonklotz nur schwer vorstellen.

"Unsere Arbeitnehmergruppen zum Beispiel, die sich bei uns in dem Haus am Hummelsteiner Weg in der Südstadt treffen, würden sich da wahrscheinlich nicht so wohlfühlen." Allerdings gilt als ausgemacht, dass die Kirche das Relikt aus den 60er Jahren mit der Wirkung einer Konzernzentrale mittelfristig – je nach den dann angestrebten Nutzungen – umbauen und sanieren muss. Kurz vor Weihnachten gab es dazu eine eingehende Begehung mit allen Verantwortlichen.

Allein für die Fassadenerneuerung ist leicht eine zweistellige Millionensumme erforderlich. Selbst wenn das den Komplex ansehnlicher machen sollte, weckt das zusätzliche und viel weiter gehende Befürchtungen: "Das könnte eine gefährliche Dynamik in Gang setzen. Denn wenn dann eines Tages das Geld für die andernorts vorhandenen oder auch sanierungsbedürftigen Gebäude fehlt, entsteht doch ein Druck, in das Zentrum zu ziehen und die alten Liegenschaften abzustoßen", erläutert Rehm.

Rathenauplatz-Gebäude mit "Potenzial"

Viel positiver denkt Fabian Meissner. "Viel Potenzial", bescheinigt der Referent bei der Evangelischen Jugend und SPD-Stadtrat dem Komplex am Rathenauplatz. Dabei denkt er vor allem an die Evangelische Hochschule, die sich nach mehr Platz sehnt und schon eindeutiges Interesse signalisiert hat, ebenso wie eine Ausbildungsstätte der Rummelsberger Dienste. Gerade die Nachbarschaft zur WiSo und zur Technischen Hochschule Georg Simon Ohm mache die Liegenschaft zusätzlich attraktiv. 

Auch Brigitte Wellhöfer, Synodalin und frühere Grünen-Stadträtin, und Willi Büttner vom Arbeitskreis Evangelische Erneuerung – der mit Kritik an der Kirchenleitung selten hinter den Berg hält - sehen "durchaus Chancen, etwas Vernünftiges zu machen". Auch Tagungsräume stünden zur Verfügung. Hier könnte sich beispielsweise auch die Landessynode regelmäßig treffen. Bisher ist sie zweimal pro Jahr in wechselnden Orten zu Gast; künftig könnte sie einmal jährlich fest im zentral gelegenen Nürnberg zusammenkommen. 

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