Ex-BN-Vorstand: "Nürnberg braucht keine Stadtautobahn"

20.9.2017, 11:54 Uhr
Was den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs angeht, hat Claus Bößenecker eine Befürchtung: "Die Stadt baut, das Land fördert und wenn die Straße fertig ist, wird sie zur Autobahn hochgestuft."

© Oliver Acker/www.digitale-luftbilder.de Was den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs angeht, hat Claus Bößenecker eine Befürchtung: "Die Stadt baut, das Land fördert und wenn die Straße fertig ist, wird sie zur Autobahn hochgestuft."

Herr Bößenecker, was ist heute anders als früher?

Bößenecker: Das Bild des Naturschutzes hat sich verschoben. Bis zu den 1980er Jahren ging es eher um einzelne augenfällige Projekte, heute um die Breite. Der BN versteht sich inzwischen als politischer Akteur, allerdings nicht im parteipolitischen Sinne.

Und ist damit erfolgreich?

Bößenecker: Ich denke ja.

Nach Auskunft der Geschäftsstelle hatte die Kreisgruppe Nürnberg-Stadt 2004 knapp 4500 Mitglieder, heute sind es über 7000.

Bößenecker: Das ist erfreulich. In den letzten Jahren konnten wir dank professioneller Werbung viele neue Mitglieder gewinnen, vor allem junge Leute. Die Kreisgruppe hat auch mehrere Kinder- und eine Jugendgruppe. Das läuft allerdings anders als zu meiner Zeit bei den Pfadfindern.

Claus Bößenecker (79) arbeitete früher als Jurist und Verwaltungsfachmann.

Claus Bößenecker (79) arbeitete früher als Jurist und Verwaltungsfachmann. © Foto: Mathias Orgeldinger

Inwiefern?

Bößenecker: Die Jugendlichen sind heute mit ihren Eltern stärker verbandelt und wollen gar nicht mehr weg. Für uns war die Jugendgruppe eine Parallelwelt, in der wir uns von den Eltern abgrenzen konnten. Wir waren damals zum Beispiel vier Wochen in Griechenland und hatten für jeden zwei Mark pro Tag zur Verfügung. Das geht heute nicht mehr.

Sie haben sich in Ihrer beruflichen Laufbahn stets für den Natur- und Umweltschutz eingesetzt. Was war Ihr größter Erfolg?

Bößenecker: Es ist mir und meinen Mitarbeitern bei der Regierung in Ansbach gelungen, die früheren Militärflächen Tennenlohe und Hainberg der angedachten kommerziellen Nutzung zu entreißen und sie als Naturschutzgebiet auszuweisen.

Waren Sie Mitte der 1980er nicht auch am Kampf gegen die WAA in Wackersdorf beteiligt? In der "Atomfabrik" sollten nach dem Willen von Franz Josef Strauß die Brennstäbe aus allen deutschen Kernkraftwerken aufgearbeitet werden.

Bößenecker: Ich war damals beim Landratsamt Schwandorf als Baujurist tätig. Meine Frau und meine beiden Söhne waren in der Bürgerinitiative gegen die WAA aktiv. Die Gemeinde Wackersdorf sprach sich wegen der Arbeitsplätze für die WAA aus.

Die Bewohner der umliegenden Gemeinden fürchteten dagegen um ihre Gesundheit. 1986 bin ich zum Landratsamt Fürth versetzt worden. Aber meinen Sommerurlaub 1988 habe ich in Neunburg vorm Wald verbracht beim zweiten Erörterungstermin für die WAA. Meine Aufgabe dort war, die vielen Einwender und die von der Bürgerinitiative entsandten Sachverständigen zeitlich zu koordinieren.

Das war im Sommer 1988, also nach den großen Anti-WAA-Demonstrationen.

Bößenecker: Ja, die Veranstaltung in Neunburg vorm Wald ging über vier Wochen. Am Schluss sind die Vertreter der Betreiberfirma nicht mehr erschienen. Wir sahen das als Erfolg an. Nach dem Tod von Strauß wurde das Projekt ja aufgegeben.

Welche Bauprojekte hat die BN-Kreisgruppe Nürnberg-Stadt verhindert?

Bößenecker: Schon vor meiner Zeit den Neubau der Bundesstraße 2 im Rednitztal. Und wir konnten dazu beitragen, dass die unsinnige Nordanbindung zum Flughafen bisher nicht gebaut wurde. Vieles spricht dafür, dass im Pegnitztal-Ost ein Naturschutzgebiet entsteht. Aber am Straßenbau beißt sich der BN zurzeit die Zähne aus.

Sie meinen den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs?

Bößenecker: Ich meine, wir haben bereits genug Straßen und brauchen keine Stadtautobahn. Interessanterweise wurde das Stück zwischen Maximilian- und Nopitschstraße früher nicht als Kreisstraße bezeichnet.

Was ändert das?

Bößenecker: Es könnte ein Trick sein, um die Straße unabhängig vom
Bundesverkehrswegeplan ausbauen zu können. Möglicherweise gibt es eine Absprache der Stadtverwaltung mit der Obersten Baubehörde in München. Nach dem Motto: Die Stadt baut, das Land fördert und wenn die Straße fertig ist, wird sie zur Autobahn hochgestuft.

Sie werfen der Stadtspitze Tricksereien vor?

Bößenecker: Das ist nur eine finstere Mutmaßung meinerseits.

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