Experten rechnen mit mehr Masern-Infektionen

25.3.2017, 05:55 Uhr
Eine Impfung bietet zuverlässigen Schutz vor Masern. Dennoch ist die gefährliche Kinderkrankheit noch nicht ausgerottet.

© dpa Eine Impfung bietet zuverlässigen Schutz vor Masern. Dennoch ist die gefährliche Kinderkrankheit noch nicht ausgerottet.

Masern sind längst nicht ausgerottet. "Wir sind auf einem guten Weg, aber geschafft haben wir es noch nicht", sagt Alice Schaffer, Leiterin der Abteilung Infektionsschutz am Gesundheitsamt. Bis Anfang März dieses Jahres hat das Robert-Koch-Institut (RKI) bundesweit 203 Masern-Infektionen registriert, acht davon in Bayern. 2016 wurden in Deutschland im ganzen Jahr 326 Erkrankungen erfasst. "Wir befürchten, dass es in diesem Jahr wieder mehr Masern-Fälle geben wird", sagte Dorothea Matysiak-Klose vom RKI der Deutschen Presseagentur. Grund seien Impflücken bei Kleinkindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

In Nürnberg ist heuer noch kein einziger Fall bekanntgeworden. Entwarnung bedeutet das aber nicht. "Wir haben immer die Sorge vor einer neuen Welle", meint die Ärztin. Von Impfmüdigkeit will sie zwar nicht sprechen, wenn sie sich die Impfquote in Nürnberg anschaut. "Die ist nicht schlecht." Bei den Schuleingangsuntersuchungen waren in den vergangenen Jahren 91,9 Prozent der Mädchen und Jungen vollständig geimpft. Drei von hundert Kindern hatten allerdings nicht den geringsten Impfschutz.

Ob eine Impfpflicht, wie sie von der CSU-Stadtratsfraktion als Voraussetzung für den Besuch einer städtischen Kita gefordert wird, hier sinnvoll wäre? Aus rein medizinischer Sicht würde Alice Schaffer eine Impfpflicht begrüßen. "Masern sind die gefährlichste der Kinderkrankheiten. Eine Impfung ist die beste Vorsorge.“ Andererseits befürchtet die Ärztin, dass ein Zwang noch mehr Widerstand bei Impfskeptikern oder -gegnern hervorrufen würde. "Zwangsmaßnahmen sind schwer durchzusetzen." Sie baut letztlich doch lieber auf Überzeugungsarbeit, wobei sie einräumt: "Echte Impfgegner wird man nicht überzeugen können."

Impfgegner führen immer wieder die möglichen Nebenwirkungen ins Feld — und vergessen dabei allzu oft, "dass ungeimpfte Kinder von geimpften profitieren", wie Schaffer sagt, weil sich die Krankheit dadurch nicht weiterverbreitet. Im Vergleich zu den möglichen Folgen einer Masern-Erkrankung seien die Nebenwirkungen einer Impfung zu vernachlässigen.

"Vergleicht man die schweren und relativ häufigen Komplikationen der Masern-Infektion mit den gemeldeten Verdachtsfallberichten, so ergibt sich eine uneingeschränkt positive Nutzen-Risiko-Bewertung der Masern-Impfstoffe", heißt es in einer Studie des Paul-Ehrlich-Instituts, das zum Bundesgesundheitsministerium gehört.

Masern-Erkrankungen können in seltenen Fällen dagegen einen sehr schweren Verlauf nehmen. Die Viren schwächen das Immunsystem. Wer Masern durchgemacht hat, ist anfällig für Lungen-, Mittelohrentzündung und Bronchitis. Bei einer von 1000 Masern-Infektionen kommt es zu einer Entzündung des Gehirns. In ganz seltenen Fällen kann es zu SSPE, einer immer tödlich verlaufenden Komplikation, kommen. "Das tritt erst nach sechs bis acht Jahren auf. Das ist das Heimtückische", sagt Schaffer. Dabei wird im Endstadium das Gehirn zerstört, die Kinder sterben qualvoll.

2 Kommentare