Expertin: Rechte Szene wird weiterhin unterschätzt

9.11.2013, 11:15 Uhr
Expertin: Rechte Szene wird weiterhin unterschätzt

© Eduard Weigert

„Von Neonazis organisierte Veranstaltungen kommen erst im Nachhinein, eher zufällig, ans Licht. Nach Anschlägen kommt es selten zu Verhaftungen“, kritisierte die Diplom-Sozialwirtin, die das Nürnberger Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung (ISFBB) leitet. Eine demokratische Gegenbewegung werde gezielt verhindert, wenn rechte Aktivitäten zu spät an die Öffentlichkeit gelangten, sagte Mair.

Im Oktober hatten sich im mittelfränkischen Scheinfeld rund 1000 Neonazis zu einem Rechtsrock-Konzert in einer früheren Disco versammelt. Kurz darauf trat in Veitsbronn bei Fürth der ehemalige Sänger der verbotenen Gruppe „Landser“ in privaten Räumen auf. Über die Veranstaltungen hätten die Behörden die Öffentlichkeit erst hinterher informiert. „Das ist der falsche Weg. Das ist Nazi-Förderung erster Klasse“, kritisierte Mair.

Keine Gegenveranstaltungen von Seiten der Behörden

Das bayerische Innenministerium weist die Kritik zurück: „Oft ist es so, dass etwa rechtsextremistische Konzerte heimlich vorbereitet werden, um ein Einschreiten der Sicherheitsbehörden zu verhindern“, erläuterte Behörden-Sprecher Rainer Hutka. Im Fall einer sehr kurzfristigen Information der Öffentlichkeit könne es außerdem zu „nicht steuerbaren Auseinandersetzungen“ zwischen beiden Lagern kommen. Hutka äußerte außerdem juristische Bedenken, weil Sicherheitsbehörden nicht zu Gegenveranstaltungen aufrufen dürften und zu Neutralität verpflichtet seien.

Auf dem Internetportal „Bayern gegen Rechtsextremismus“ biete der Freistaat speziell für Kommunen Tipps zum Umgang mit geplanten rechtsextremistischen Veranstaltungen. Birgit Mair sagte dagegen: „Damit die Leute auf die Straße gehen können, müssen sie doch informiert werden.“ Durch die Aufdeckung des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) sei die Bereitschaft, gegen Rechts zu demonstrieren, wieder deutlich größer geworden. Die Diplom-Sozialwirtin eröffnete am Freitag in Nürnberg eine von ihrem Institut erarbeitete Ausstellung über die NSU-Opfer und die rechte Szene.

NSU-Ausstellung - Rechte in Franken besonders aktiv

„Die größte Herausforderung war, die Dinge auf den Tafeln so zu formulieren, dass man auf der einen Seite niemanden vorverurteilt und auf der anderen Seite keine Ergebnisse des NSU-Prozesses vorwegnimmt.“ Mair wählte als Ort der Ausstellung bewusst das Gewerkschaftshaus: „Da gibt es genug engagierte Nazi-Gegner, die notfalls rechte Störer auch vor die Tür setzen würden.“

Nach Mairs Recherchen ist die rechte Szene derzeit in Franken besonders aktiv. Unverständlich ist ihr, „weshalb die Behörden da nicht einschreiten.“ Laut Bayerischen Innenministerium wird aber dies konsequent und sogar mit zusätzlichem Personal getan. Im Juli waren etwa Wohnungen und Arbeitsstätten führender Rechtsextremisten in Bayern durchsucht worden. Anlass sei ein vereinsrechtliches Ermittlungsverfahren gegen das bayerische Neonazi-Netzwerk „Freie Netz Süd“ gewesen. „Wenn es das Material hergibt, wird das Innenministerium das 'Freie Netz Süd' verbieten“, sagte Hutka.

Keine Kommentare