Fahndung in Schulen: Wer kennt Opfer von Kinderpornografie?

30.10.2014, 06:00 Uhr
Fahndung in Schulen: Wer kennt Opfer von Kinderpornografie?

© dpa

Das Internet ist Plattform und Tauschbörse für Pädophile. Deshalb durchforsten Ermittler regelmäßig das Netz. Sie suchen in versteckten Räumen und auf frei zugänglichen Seiten nach einschlägigen Bildern.

Und sie werden fündig: Unlängst stießen sie auf zwölf Fotos eines Jungen und rund 80 Bilder eines Mädchens. Fotos, die zeigen, wie die Kinder missbraucht werden.

Die Ermittler mühten sich, den Tätern auf die Spur zu kommen. Denjenigen, die die Kinderpornos ins Netz gestellt hatten. Und denjenigen, die die Kinder missbraucht hatten. Es wurde versucht einzugrenzen, wann die Fotos aufgenommen wurden und wie alt die Opfer da in etwa waren. Außerdem mühten sich die Beamten, mit Hilfe der IP-Adressen der Computer an die Täter zu gelangen. „Wir haben alles technisch Machbare versucht“, sagt Alexander Badle von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, die in diesem Fall die Ermittlungen führt. Ohne Erfolg.

Lehrer sollen sich Fotos ansehen

Weil die Beamten im Fall des missbrauchten Jungen und des Mädchens nicht viel mehr in den Händen halten als die Bilder, entschieden sie sich für einen ungewöhnlichen Schritt: eine Fahndung, bundesweit an Schulen, mit richterlichem Beschluss. Badle: „Das ist die Ultima Ratio. Wir gehen mit dem Bildmaterial vor Ort.“

Fotos von den Gesichtern der Kinder werden Lehrern vorgelegt, in der Hoffnung, dass einer die Opfer identifizieren kann. Auch an Nürnberger Schulen werden die Bilder gezeigt, auch wenn es bislang keine Hinweise darauf gibt, dass die Kinder aus der Region stammen.

Es ist wie die berühmte Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Erst wenn die gefunden ist, kann das womöglich immer noch andauernde Martyrium der Kinder beendet werden. Und erst dann können diejenigen ermittelt werden, die ihnen das angetan haben. Die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt hat die zentrale Zuständigkeit bei solchen Fällen. Das Landeskriminalamt setzt die Fahndung in Bayern um und verbreitet die Fotos. Laut Bernhard Egger vom LKA wurden allein im Freistaat 4900 Schulen identifiziert, an denen die Bilder gezeigt werden sollen. Es sind unterschiedliche Schultypen, weil das Mädchen und der Junge unterschiedlich alt sind. Die Bilder des Jungen werden ausschließlich Grundschullehrern vorgelegt. „Im Fall des Mädchens ist die Obergrenze die zehnte Klasse“, sagt Oberstaatsanwalt Badle.

Die Fahndung ist heikel, weil viele Personen die Fotos sehen. Da besteht theoretisch die Gefahr, dass sie in falsche Hände gelangen. Um das zu verhindern, stellt das LKA die Bilder zwar digital zur Verfügung, aber, wie Egger sagt, in Form einer sogenannten Cloud-Lösung. Die Schulen können mit einem Passwort auf die Dateien zugreifen. Sie lassen sich aber nicht herunterladen.

Kritik von Lehrern

Die Schulfahndung lief Ende September an, Anfang November soll sie abgeschlossen sein. Es habe schon Tausende Rückmeldungen gegeben, meint Egger vom LKA. Alle Hinweise würden ausgewertet.

Es ist bereits die dritte Schulfahndung in Bayern. Die bayerische Lehrerschaft reagiert offenbar bislang gelassen auf die Aufforderung, sich die Bilder anzusehen. Ganz anders Pädagogen in Berlin. Einige wandten sich an die Medien. Sie wollten sich die Bilder nicht anschauen.

Oberstaatsanwalt Badle kann angesichts dieser Kritik an den Ermittlungen nur den Kopf schütteln. „Das in Berlin hat mich doch sehr verstört.“ Er könne das Verhalten der Lehrer nicht im Geringsten nachvollziehen. „Was ist die Alternative? Sollen wir auf die Befindlichkeiten der Lehrer Rücksicht nehmen?“, fragt er.

Dafür hätten die missbrauchten Kinder wohl kein Verständnis.

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