Fahndungsaufruf nach Flaschenwerferin in der Kritik

15.1.2018, 20:35 Uhr
Mit einer "satirischen" Aktion vor dem Polizeipräsidium am Jakobsplatz machten rund 30 Sympathisanten des Bündnisses "Widerstand Mai 31 – Solidarität ist kein Verbrechen!" auf ihre Forderung aufmerksam, das Foto der jungen Frau, die am 31. Mai mit einer PET-Flasche nach einem Polizisten geworfen haben soll, aus dem Internet zu entfernen.

© Michael Matejka Mit einer "satirischen" Aktion vor dem Polizeipräsidium am Jakobsplatz machten rund 30 Sympathisanten des Bündnisses "Widerstand Mai 31 – Solidarität ist kein Verbrechen!" auf ihre Forderung aufmerksam, das Foto der jungen Frau, die am 31. Mai mit einer PET-Flasche nach einem Polizisten geworfen haben soll, aus dem Internet zu entfernen.

Die Strafprozessordnung regelt genau, wann mit Fotos öffentlich nach einer Person gesucht werden darf: "Die Veröffentlichung von Abbildungen eines Beschuldigten, der einer Straftat von erheblicher Bedeutung verdächtig ist, ist auch zulässig, wenn die Aufklärung einer Straftat, insbesondere die Feststellung der Identität eines unbekannten Täters auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre." Ob die Voraussetzungen für eine Öffentlichkeitsfahndung gegeben sind, muss ein Richter entscheiden.

Im Fall der jungen Frau, die bei der Abschiebe-Demo am Berliner Platz eine Plastikflasche auf einen Polizisten geworfen haben soll, hat ein Richter auf Antrag der Staatsanwaltschaft entschieden, dass mit Bildern nach ihr gefahndet werden soll. Am Donnerstag hat das Polizeipräsidium dann Fotos von der jungen Frau herausgegeben – auch die Nürnberger Zeitung und haben Bilder veröffentlicht. Die Ermittler, so heißt es von Seiten der Anklagebehörde, gehen in dem Fall von gefährlicher Körperverletzung aus – eine Straftat, für die der Gesetzgeber Strafen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vorsieht.

"Dieses Vorgehen ist ein Skandal"

Aber ist der Wurf mit einer Halbliter-Plastikflasche wirklich eine Straftat von "erheblicher Bedeutung" wie es die Strafprozessordnung vorsieht? Das Bündnis "Widerstand Mai 31 - Solidarität ist kein Verbrechen" sieht das anders - zumal der getroffene Polizist dienstfähig blieb. In einer Mitteilung heißt es: "Dieses Vorgehen ist ein Skandal, gleicht einer öffentlichen Vorverurteilung und entbehrt somit jeder Verhältnismäßigkeit".

Das Bündnis vermutet, dass die Öffentlichkeitsfahndung politisch motiviert ist. "In Bezug auf den 31. Mai legt das Innenministerium einen Ermittlungseifer an den Tag, der seines Gleichen sucht", heißt es in der Mitteilung. Die von Zeugen und Betroffenen hierbei erlebte und geschilderte Polizeigewalt werde von Seiten des Innenministeriums jedoch konsequent geleugnet und stattdessen Betroffene reihenweise zu Tätern stilisiert und nun sogar öffentlich an den Pranger gestellt.

Ob eine Öffentlichkeitsfahndung gerechtfertigt ist, liegt jedoch nicht nur am Strafrahmen, den der Gesetzgeber für eine Tat vorsieht. Behördensprecherin und Oberstaatsanwältin Anita Traud zitiert dazu ein BGH-Urteil, das derartige Maßnahmen auch vorsieht, wenn der Rechtsfrieden durch eine Straftat gestört bzw. das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung beeinträchtigt wird. Die gesuchte Frau ist indes immer noch nicht gefunden worden. Laut Traud habe es mittlerweile aber Hinweise gegeben, denen man nachgehen müsse. Eindeutig identifizieren konnte man die Gesuchte jedoch noch nicht.