Fall 19: An ein Leben im Rollstuhl gewöhnen

2.12.2017, 14:39 Uhr
Leonie braucht viel Wärme - nicht nur vom Ofen, auch der Kontakt zu Tieren tut gut. Für ein Wochenende durfte sie kürzlich von der Klinik nach Hause.

© Foto: Heilig-Achneck Leonie braucht viel Wärme - nicht nur vom Ofen, auch der Kontakt zu Tieren tut gut. Für ein Wochenende durfte sie kürzlich von der Klinik nach Hause.

Im ersten Moment hatte alles nach einem grippalen Infekt ausgesehen. Also bekam das Mädchen Medikamente und musste das Bett hüten. Doch eines Morgens spürte Leonie unversehens ihre Beine nicht mehr - und konnte sie auch nicht mehr bewegen. "Ich weiß noch genau: Es war an einem Sonntag", erinnert sich der Vater Wolfgang G.

"Wir sind sofort zum nächsten Arzt gefahren, der tippte zunächst auf eine Hirnhautentzündung. Aber Leonie war zum Glück voll ansprechbar." Die bittere Wahrheit erfuhr die Familie dann in der Klinik: Leonie ist querschnittsgelähmt - als Folge einer Entzündung des Rückenmarks. Aus war es mit dem Inliner- und Radfahren, mit Klettern und unbeschwertem Herumtoben im Dorf. Und auch mit dem Besuch der regulären, für Rollstuhlkinder gänzlich ungeeigneten Grundschule.

Aber an eine Rückkehr in ihre Klasse war bisher ohnehin nicht zu denken. Seit der schweren Diagnose im Frühjahr hat das Mädchen die meiste Zeit in Kliniken verbracht. Und mindestens noch bis Weihnachten wird sie, begleitet von ihrer Mutter, in einer spezialisierten Reha-Einrichtung in Oberbayern behandelt.

"Glücklicherweise malt und bastelt sie auch gerne, so dass sie nicht alle Lieblingsbeschäftigungen aufgeben musste", stellt die Mitarbeiterin des Sozialdienstes fest. Freude bereitet ihr zudem das therapeutische Reiten. Kleine Verbesserungen seien durchaus feststellbar, bestätigt auch die Mutter Nicole.

Begleitung nötig

Aber dass sie eines Tages doch wieder laufen kann, halten die Therapeuten für ziemlich unrealistisch. Allein schon die Notwendigkeit, Leonie über Monate hinweg auch auf Reha zu begleiten, zwang die Familie zu Umstellungen - und auch Einschränkungen: Die Mutter musste ihre Tätigkeit in einem Textilbetrieb auf unabsehbare Zeit aufgeben - so fehlt natürlich auch ihr Einkommen.

Und der Vater wurde zum "Alleinerziehenden auf Zeit": Damit er Leonies jüngere Geschwister versorgen kann, blieb ihm keine andere Wahl, als den Schichtdienst in einer Instrumentenbau-Firma aufzugeben. Dass beide Arbeitgeber verständnisvoll reagierten und sich entgegenkommend zeigten, ist - wie die Erfahrungen anderer Familien zeigen - alles andere als selbstverständlich und darf hier als Beispiel für Rücksichtnahme auf schwierige Lebensumstände nicht unerwähnt bleiben.

Nach der Reha stehen allerdings noch größere Herausforderungen an: die Umrüstung des Anwesens, damit Leonie dort auch mit ihrem Rollstuhl zurechtkommt, und die Suche nach einer neuen, geeigneten Schule. Sicher ist nur, dass sie in Zukunft wohl Tag für Tag längere Transporte in Kauf nehmen muss.

Ein Recht auf Teilhabe

Der Beistand einer Betreuerin der Diakonie im Landkreis - die auch die Weihnachtsaktion auf die Familie aufmerksam gemacht hat - kann da nicht schaden. Schließlich hat Leonie nach der Behindertenkonvention ein Recht auf Teilhabe unter zumutbaren Umständen.

Unterstützung benötigt die Familie auf jeden Fall auch, um ihr Domizil barrierefrei zu gestalten. Weil es günstig schien, hatten die Eltern vor Jahren ein älteres, renovierungsbedürftiges Anwesen in einem Dorf erworben. Freilich gehört es zum überwiegenden Teil immer noch der Bank. Und die Zuschüsse, die aus einem Landesprogramm und von der Pflegekasse für bauliche Anpassungen gewährt werden, decken allenfalls die Hälfte der erforderlichen Ausgaben.

Dazu kommt, dass die 4000 Euro von der Pflegekasse erst nach Zuordnung zu einem Pflegegrad bewilligt werden – und das steht noch aus. Apropos Kassen: Ob es um passende Orthesen oder ein Kinder-Pflegebett geht – allein der Briefverkehr, der das Ringen um Leistungen der Kassen dokumentiert, füllt schon dicke Ordner. Die psychischen Belastungen für die Familie lassen sich dort allerdings nicht einfach abheften.

"Freude für alle e.V." erbittet Ihre Hilfe auf eines dieser Spendenkonten:

Sparkasse Nürnberg: DE63 7605 0101 0001 1011 11

Sparkasse Fürth: DE96 7625 0000 0000 2777 72

Sparkasse Erlangen: DE28 7635 0000 0000 0639 99

Postbank Nürnberg: DE83 7601 0085 0400 0948 54 

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