Fall 5: Weg von der Nadel

16.11.2017, 08:32 Uhr
Fatale Abhängigkeit: Ein Drogenabhängiger beim Portionieren von Heroin. Die Chemikalie gehört weltweit zu den gefährlichsten Rauschmitteln.

© Foto: Spencer Platt/AFP Fatale Abhängigkeit: Ein Drogenabhängiger beim Portionieren von Heroin. Die Chemikalie gehört weltweit zu den gefährlichsten Rauschmitteln.

Schuld war vielleicht die Liebe. Als sich Clara Meyer mit 17 Jahren verliebt, ahnt sie nicht, dass diese Liebe sie auf ein gefährliches Gleis schiebt. Ihr damaliger Freund ist elf Jahre älter als sie und hängt an der Nadel. Warum auch immer - vielleicht, um dazuzugehören oder ihrem Freund ein Stück näher zu sein -, Clara Meyer macht schnell eigene Erfahrungen mit Heroin und landet schließlich selbst in der Abhängigkeit. "Ich habe schon relativ schnell gemerkt, dass das falsch ist, und kam auch schnell in die Substitution", sagt die 35-Jährige heute. Dennoch ist seitdem nichts mehr, wie es einmal war.

Clara Meyer, die im wirklichen Leben einen anderen Namen trägt, hat einen klaren Blick auf die Dinge - vor allem auf ihr Leben. Seit vier Jahren schafft sie es, ohne Heroin klarzukommen, besucht eine Schauspielschule, fühlt sich wohl. Auch wenn irgendwann ihre Geschichte durchsickert und sie statt Hilfe Ablehnung erfährt. Sie will "sauber werden", wie sie sagt, weg vom Methadon, und beginnt eine Therapie. Ohnehin angeschlagen, wird sie aber auch noch Opfer von sexueller Gewalt. Ein Erlebnis, das sie komplett aus der Bahn wirft und schließlich in einen Selbstmordversuch treibt.

Arme voller Narben

Das Leid dieser Zeit ist bis heute zu erkennen, wenn Clara Meyer sich sicher fühlt, die Ärmel ihres Pullovers hochschiebt und ihre dünnen Unterarme zeigt: Kein Millimeter ist an ihnen heil geblieben. Es sind ungezählte Narben von den Schnitten, die sie sich selbst zugeführt hat, um ihren seelischen Schmerz durch den körperlichen vergessen zu können. Statt wegzukommen von den Suchtstoffen, gleitet sie wieder in deren Sumpf ab.

Abhängige fallen nicht nur selbst in ein tiefes Loch, sondern ziehen auch oft ihr direktes Umfeld - etwa Familie und Freundeskreis - mit in die Schwierigkeiten.

Abhängige fallen nicht nur selbst in ein tiefes Loch, sondern ziehen auch oft ihr direktes Umfeld - etwa Familie und Freundeskreis - mit in die Schwierigkeiten. © Foto: Spencer Platt/AFP

Einzige Lichtblicke in ihrem Leben sind ihre beiden Kinder, die sie später mit ihrem Partner bekommt. In der Zeit der Schwangerschaften und der ersten Lebensjahre der Kinder gelingt es ihr auch, die Finger vom Heroin zu lassen. Doch ihr Freund und der Vater ihrer Kinder kommt nicht davon los. "Er hat immer wieder die Leute aus der Szene angeschleppt", sagt sie in der Rückschau. Er verliert schließlich den Kampf mit der Abhängigkeit und stirbt an einer Überdosis.

Flucht aus der Abhängigkeit

Seither alleinerziehend, ist sie weg vom Heroin und nimmt an einem Substitutionsprogramm teil. Viel Hilfe hat sie bei "Lilith" gefunden, der Drogenhilfe für Frauen und Kinder. So auch eine vom Jobcenter geförderte Arbeit, die ihr mittel- bis langfristig helfen soll, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Im "Aktiv-Team" der Einrichtung übernimmt sie ganz unterschiedliche Aufgaben: ob nun Putzen, Spenden annehmen oder das Café betreuen, wo sich Betroffene austauschen.

"Eine schöne und abwechslungsreiche Tätigkeit", freut sie sich - eine, die Stabilität gibt und sich gut mit den beiden Kindern im Kita-Alter vereinbaren lässt. Die beiden, um die sie sich liebevoll kümmert, und die Aufgabe bei "Lilith" machen ihr Mut, es schaffen zu können: irgendwann ganz ohne Substitution klarzukommen und eine Ausbildung zu machen. "Kinderpflegerin wäre mein Traum", sagt Clara Meyer.

Kinder sind schwer belastet

Doch die jahrelange Sucht und ihre Magersucht haben Spuren an der zierlichen Frau hinterlassen: In ihrem Unterkiefer fehlen sämtliche Zähne. Das belastet sie nicht nur emotional, sie kann auch nur sehr weiche Nahrung zu sich nehmen. Dass sie dadurch ein schlechtes Vorbild für ihre Kinder ist, kommt erschwerend hinzu. Denn die machen inzwischen auch einen Bogen um harte Kost.

Für die Zahnsanierung wird ihr allerdings ein vierstelliger Betrag als Eigenanteil abverlangt - eine Summe, die sie unmöglich alleine stemmen kann. Doch die ist dringend nötig, damit Clara Meyer auch in diesem Bereich gesundheitlich wieder auf die Füße kommt. Es wäre eine wichtige Stütze für eine Frau, die jeden Tag aufs Neue alles daransetzt, ein normales Leben zu führen - für sich, vor allem aber für die beiden Kinder.

"Freude für alle e. V." hat folgende Spendenkonten:

Sparkasse Nürnberg: DE 63 7605 0101 0001 1011 11

Sparkasse Fürth: DE 96 7625 0000 0000 2777 72

Sparkasse Erlangen: DE 28 7635 0000 0000 0639 99

Postbank Nürnberg: DE 83 7601 0085 0400 0948 54

Alle Zuwendungen sind steuerlich abzugsfähig. Für Spendenbestätigungen bitte vollständige Adresse mit angeben. Alle Informationen und Fallschilderungen der Weihnachtsaktion finden Sie auch unter nordbayern.de

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