Fall Cemali D.: Ermittlungen gegen Polizisten eingestellt

10.8.2014, 09:32 Uhr
Fall Cemali D.: Ermittlungen gegen Polizisten eingestellt

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Fest steht: Der junge Mann erlitt an jenem Februar-Sonntag deutliche Gesichtsverletzungen. Das dokumentierte seinerzeit ein Arzt im Theresienkrankenhaus. Sicher erscheint auch: Der 18-Jährige und sein Vater hatten sich in der väterlichen Wohnung gestritten – so massiv, dass der 18-Jährige gegen 19 Uhr über den Notruf 110 die Polizei alarmierte. Dabei gab er an, er sei von seinem Vater geschlagen worden, so ein Polizeisprecher damals.

Schließlich: Als die Streifenbeamten vor Ort waren, ging der Familienstreit weiter. Der 18-Jährige wollte die Wohnung verlassen und einen Laptop mitnehmen, der Vater bestand darauf, das Gerät bei sich zu behalten. Zur Befriedung entschieden die Polizisten, den Computer mit zur Inspektion zu nehmen, wo ihn der rechtmäßige Eigentümer zurückerhalten sollte.

Nun beginnen die (erheblichen) Widersprüche – vor allem in den Aussagen des 18-Jährigen. Bei den internen Ermittlern des Landeskriminalamtes sagte er, während des Familienstreits sei er zunächst von seinem Vater geschlagen worden. Als die Polizei vor Ort war, seien zwei der Beamten dann in seinem Schlafzimmer gegen ihn tätlich geworden.

Gegenüber der Nürnberger Zeitung hatte der junge Mann behauptet, mehrere Beamte seien auf ihn losgegangen, hätten ihn mit Handschellen gefesselt und dabei wiederholt geschlagen. Dann hätten ihn die Polizisten unter weiteren Schlägen aus der Wohnung gezogen, ihn im Treppenhaus auf den Boden gelegt und erneut zugeschlagen.

Der Vater des 18-Jährigen wiederum sagte den internen Polizei-Ermittlern, nur ein Polizist sei gegen seinen Sohn tätlich geworden. Dieser habe mehrfach zugeschlagen, während der 18-Jährige von Polizisten durch den Wohnungsflur nach draußen getragen wurde. Im Schlafzimmer habe sich nur ein Polizist befunden. Er selbst habe seinen Sohn zuvor nicht angerührt. Der Lokalredaktion sagte der Vater seinerzeit, sein Sohn sei von drei Beamten aus der Wohnung getragen worden. Einer dieser drei habe mehrfach mit der Faust ins Gesicht des 18-Jährigen geschlagen – allerdings erst im Treppenhaus.

Anwalt legt Beschwerde ein

Die beiden Streifenbeamten, gegen die sich die internen Ermittlungen richteten, bestreiten jegliche Gewalttätigkeit gegen den Berufsschüler. Der junge Mann habe den Laptop nicht herausgeben wollen und schließlich Widerstand geleistet. Deshalb sei er gefesselt und aus der Wohnung getragen worden. Weil er sich dagegen gewehrt habe, seien die beiden Beamten im Treppenhaus mit ihm ins Straucheln und schließlich zu Fall gekommen. Auch dort sei der 18-Jährige nicht geschlagen worden. Die Gesichtsverletzungen soll der junge Mann bereits gehabt haben, als die Streifenbeamten in die Wohnung kamen.

Schließlich: Der damalige Bericht der Notaufnahme, der der Lokalredaktion vorliegt, dokumentiert, dass das linke Auge des 18-Jährigen zugeschwollen war und sich eine etwa einen Zentimeter lange Platzwunde an der linken Augenbraue befand. Weitere Verletzungsanzeichen wie Prellungen oder Druckschmerz über der Halswirbelsäule schloss der Bericht ebenso ausdrücklich aus wie neurologische Auffälligkeiten.

Angesichts dieser widersprüchlichen Angaben sei gegen die beschuldigten Beamten „ein Tatnachweis nicht zu führen“ gewesen, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Antje Gabriels-Gorsolke, auf Anfrage. Insbesondere die Darstellungen des 18-Jährigen gegenüber den Ermittlern einerseits und in Medienberichten sowie im Internet auf der anderen Seite seien „nicht konsistent gewesen“. Der Anwalt des jungen Mannes hat gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens Beschwerde zur Fristwahrung eingelegt, um die Ermittlungsakten einsehen zu können.

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