Fall Deniz K.: Eklat in der Jugendkammer

14.11.2012, 20:47 Uhr
Fall Deniz K.: Eklat in der Jugendkammer

© dapd

Der Fall schürt Emotionen: Seit der junge Mann in Nürnberg in Untersuchungshaft sitzt, gibt es regelmäßig immer neue Solidaritätsbekundungen der antifaschistischen Szene und die Forderung: „Freiheit für Deniz K.“

Nun, am Ende von vier Verhandlungstagen vor der Jugendkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth, protestieren K.s Unterstützer erneut in lautstarken Sprechchören. Und Deniz K., der während des Prozesses fast ausschließlich geschwiegen hatte, ruft plötzlich selbst dazwischen.

Vier Prozesstage lang blieb die Stimmung gemäßigt; vielleicht auch, weil Richter Dieter Weidlich die Zuhörer, die sich Solidarität mit Deniz auf die Fahnen geschrieben haben, nur milde mahnte, von Zwischenrufen abzusehen. Ein Signal, das zeigen sollte: Hier findet ein ganz normales Strafverfahren statt — es geht nicht um Fragen der Gesinnung, sondern um Gewalt.

Doch nun, als die Jugendkammer ihr Urteil im Namen des Volkes verkünden will, lässt Richter Weidlich angesichts der Tumulte den Saal räumen. Die Begründung des Urteils hören nur noch die Pressevertreter. Draußen gehen die Proteste weiter.

Es sei erwiesen, so heißt es im Richterspruch, dass Deniz K. bei der Demo des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Polizisten mit einer Stange angriff. Doch dass er auch Beamte traf, das stellen die Richter in all den Videobildern des Beweissicherungstrupps der Polizei nicht zweifelsfrei fest. K. wird daher wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Landfriedensbruch verurteilt.

Die Vorwürfe — die Staatsanwaltschaft hatte ihn wegen fünffachen versuchten Totschlags angeklagt — werden damit stark abgemildert.

Keine ernsthaften Verletzungen

Zwar wurde an jenem 31.März 2012 kein Polizist ernsthaft verletzt, doch K. stieß „gezielt“ in Richtung Hals und Kopf der Beamten, so Oberstaatsanwältin Ulrike Pauckstadt-Maihold. Sie bescheinigte K. „schädliche Neigungen“, hielt ihm vor, sich „in der Rolle des politisch Verfolgten zu sonnen“, und forderte, ihn unter anderem wegen zweifachen versuchten Totschlags zu dreieinhalb Jahren Jugendhaft zu verurteilen.

Die Verteidiger Iñigo Schmitt-Reinholtz und Martin Heiming plädierten für einen vierwöchigen Jugendarrest. Heiming warf der Stadt Nürnberg darüber hinaus vor, zur Eskalation beigetragen zu haben, da sie die ursprünglich geplante Route der Demo durch die Innenstadt nicht erlaubte. Der Antifaschist K. habe dies als Provokation empfunden, angesichts der Morde durch rechte Gewalttäter kann Heiming diese Wut „nachvollziehen“.

Schmitt-Reinholtz kritisierte die Polizei, die mit Schlagstöcken gegen die Demonstranten vorgegangen war. „Gefahrenabwehr heißt nicht, dass die Polizei auf zehn friedliche Demonstranten einschlagen kann, um 50 potenzielle Gewalttäter abzuschrecken“, sagte er. Tatsächlich wird derzeit noch gegen einen Polizisten ermittelt. Er soll seinen Schlagstock zu aggressiv gebraucht haben.

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