Film ab! Warum das Heimkino immer mehr boomt

22.9.2017, 12:44 Uhr
Die große Variante für den eigenen Heimkinoraum: Eine rund vier Meter große Leinwand sorgt für Bildqualität, die zahlreichen Lautsprecher für Klangkraft — und bequeme Sessel für Bequemlichkeit.

Die große Variante für den eigenen Heimkinoraum: Eine rund vier Meter große Leinwand sorgt für Bildqualität, die zahlreichen Lautsprecher für Klangkraft — und bequeme Sessel für Bequemlichkeit.

Die Hinterleute quasseln, der Vordermann ist zu groß, und das vielmundige Popcornkrachen ist ohnehin unentwegt Bestandteil des Surroundsounds: Es gibt so manches, das den Kinobesuch verleidet. Zugleich gibt es guten Grund, sich zu Hause selbst ein kleines Kino einzurichten: Die Technik wird immer besser, das Kinoerlebnis in den eigenen vier Wänden muss jenem im Theater nicht mehr nachstehen. Sprich: Auch zu Hause kann Kino größer sein als die Wirklichkeit, wie ein bekannter Slogan verspricht.

Dass das immer mehr Filmliebhaber so sehen, ist beispielsweise daran abzulesen, dass sich immer mehr dafür entscheiden, nicht nur ihr Wohnzimmer technisch aufzupeppen — sondern ein ganzes Zimmer allein als Heimkino einzurichten. Schon jeder fünfte Kunde, der sich zu Hause ein Heimkinosystem installiert, erzählt Michael Moser von "Heimkinoraum" in Nürnberg, lässt sich einen ganzen Raum als Filmtheater einrichten. Weil die Tochter auszieht und ein Zimmer frei wird, weil der Dachboden oder alte Hobbyraum im Keller endlich wieder genutzt werden soll — und weil man sich nicht sattsehen kann an "Herr der Ringe", "Avatar" oder "Everest".

Wer das nötige Kleingeld hat, legt schon mal 20 000 bis 50 000 Euro hin für das Heimkino — mitsamt Raumkonzept, Um- sowie Einbau und Ausstattung: angefangen bei Wandverkleidung und Ledersesseln, über Leinwand und Highend-Beamer bis hin zu "Dolby Atmos". Jenem Soundsystem, das aus allen Richtungen beschallt, auch von oben, und so Klangkulissen ermöglicht, die tatsächlich mitten ins Filmgeschehen versetzen — so real dröhnt ein Helikopter über einen hinweg, sirren Heuschrecken übers Land, ist das Dschungelleben um einen herum orchestriert.

Für Einsteiger, die nur ihr Wohnzimmer aufrüsten wollen, gibt es natürlich deutlich günstigere Lösungen: ab 3000 Euro, mitsamt Beamer, Leinwand und Surroundsystem. Wer einen Schritt weitergeht, in die Mittelklasse, sollte mit 5000 bis 10 000 Euro rechnen.

Das A und O guten Heimkinos ist letztlich der Sound: Nur wenn das Klangerlebnis stimmt, kommt Kinofeeling auf.

Das A und O guten Heimkinos ist letztlich der Sound: Nur wenn das Klangerlebnis stimmt, kommt Kinofeeling auf.

Gearbeitet wird heutzutage mit Bausteinsystemen, so dass einzelne Elemente jederzeit ausgetauscht werden können. Gebraucht wird zuallererst einmal ein "Zuspieler" — es muss also entschieden werden, was die Filmquelle sein soll. Das kann klassischerweise der DVD- oder Blu-Ray-Player sein, aber zunehmend werden auch Computer und Streamingsysteme (etwa Amazon) eingesetzt. Was sich insofern trifft, als klassisches Fernsehen ohnehin an Bedeutung verliert. "Viele junge Familien wollen nicht mehr fernsehen, sie haben stattdessen Video on Demand", sagt Moser. Wer allerdings auf höchste Bildqualität achtet, der greift hier zu UHD-Blu-Ray — das ist Kinostandard.

Angeschlossen ist der Zuspieler an den AV-Receiver. Der AV-Receiver ist die "Schaltzentrale" des Heimkinosystems, die alle Elemente verbindet. Er leitet das Bildsignal vom Player an den Beamer weiter, der beispielsweise an der Zimmerdecke montiert ist und das Bild auf eine Leinwand wirft. Beamer und Leinwand sind zwar nicht unbedingt nötig, ein Heimkinosystem kann auch auf einem TV-Gerät aufgebaut werden — allerdings ist ab einer gewissen Bildgröße die Beamer-Leinwand-Lösung allein aus finanzieller Sicht vorteilhafter. Full-HD-Auflösung (1920 x 1080 Bildpunkte) ist Standard bei Heimkino-Projektoren. Für höchste Qualität sollte es aber ein Projektor mit 4 K-Auflösung sein.

Zentrales Kriterium ist auch die Helligkeit. Denn: Je heller die Umgebung (und die meisten Zimmerwände sind nun einmal weiß) und je größer der Abstand des Projektors zur Leinwand, desto mehr Helligkeit ist nötig.

Hier lassen sich aktuell zwei Entwicklungen ausmachen: Zum einen sind sogenannte Kurzdistanz-Beamer im Kommen, die sich in unmittelbarer Nähe zur Leinwand aufstellen lassen. Und zum anderen geht der Trend zur Hochkontrast-Leinwand, die das Streulicht minimiert, wie Moser erklärt. Sprich: Die Bildqualität steigt, weil Kontrast und Schwarzwert deutlich verbessert sind. Um den "Schwarzwert" ging es übrigens jüngst auch bei der Internationalen Funkausstellung in Berlin sehr viel. Vereinfacht ausgedrückt: Schwarz soll als Schwarz gesehen werden, nicht als dunkles Grau — wer auf der Höhe der Zeit sein möchte, kommt um dieses Thema nicht herum.

Die kleine Heimkino-Variante für das Wohnzimmer: Mit einem Kurzdistanz-Projektor (schwarz-graues Gerät) wird das Bild auf eine Rahmenleinwand projiziert.

Die kleine Heimkino-Variante für das Wohnzimmer: Mit einem Kurzdistanz-Projektor (schwarz-graues Gerät) wird das Bild auf eine Rahmenleinwand projiziert.

Wenn wir schon bei der Leinwand sind: Die maximale Größe der Leinwand ist immer auch abhängig von der Zimmergröße. Um das große Bild auch genießen zu können, sollte nämlich der Ledersessel einen Mindestabstand zur Leinwand haben. Die Faustregel: Leinwandbreite (Breite, nicht Diagnonale!) multipliziert mit dem Faktor 1,5. Wer also eine drei Meter breite Leinwand haben möchte (standardmäßig bieten feste Rahmenleinwände gute Qualität), sollte in 4,5 Meter Entfernung sitzen — was wiederum eines größeren Zimmers bedarf.

Aber das A und O guten Heimkinos ist letztlich der Sound: Nur wenn das Klangerlebnis stimmt, kommt Kinofeeling auf. Standard ist ein Surroundsystem. Beim 5.1.- oder 7.1.-Surroundsystem sorgen sechs oder acht Lautsprecher für den Rundumklang. Mit Dolby-Atmos kommt der Klang auch noch von oben. Durch zusätzlich installierte Deckenlautsprecher können Geräusche und Töne von jedem Punkt im Zimmer aus ertönen — das ist 3 D für die Ohren. Was will man mehr?

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