Flughafen-Chef: Nürnberg profitiert nicht vom Startbahn-Aus

18.6.2012, 18:23 Uhr
Der Flughafen Nürnberg wird laut Angaben seines Geschäftsführers Karl-Heinz Krüger nicht vom Aus für die dritte Startbahn profitieren.

© Karl-Heinz Daut Der Flughafen Nürnberg wird laut Angaben seines Geschäftsführers Karl-Heinz Krüger nicht vom Aus für die dritte Startbahn profitieren.

Und selbst wenn München in Zukunft aus allen Nähten platzen sollte, könne Nürnberg den Andrang gerade der internationalen Flüge nicht abfangen. „Um solche Flüge zu füllen, brauchen Sie ja mindestens zehn Zubringerflüge. Und da kommt Nürnberg nicht infrage, da haben wir gar keine Chancen.“ Nichtsdestotrotz bemühe sich der finanziell angeschlagene fränkische Flughafen um neue Linien und Airlines – dies jedoch unabhängig von der Entscheidung in München.

Schwarz-Gelb und SPD weisen sich gegenseitig Schuld zu

Nach dem Münchner Bürgerentscheid gegen die dritte Startbahn streiten die unterlegenen Ausbau-Befürworter unterdessen heftig über die Schuld an der Niederlage. CSU und FDP griffen die SPD und Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) am Montag scharf an - was die SPD ebenso entschieden zurückwies. Die Bundesregierung bedauerte das Aus für die dritte Startbahn. Flughafen und Luftfahrtbranche hoffen aber, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

Bei den Grünen dagegen herrschte weiter große Jubelstimmung. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hält jedoch grundsätzlich am Bau der dritten Startbahn fest. Das Projekt werde von der Staatsregierung weiterhin „für notwendig erachtet und weiterverfolgt“, sagte er dem Münchner Merkur (Dienstag). Das Nein beim Bürgerentscheid binde die Landeshauptstadt als Gesellschafter der Flughafen-Gesellschaft. „Wir akzeptieren dieses Votum. Es bleibt aber dabei, dass der Flughafen-Ausbau von zentraler Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit des ganzen Lands ist“, sagte Seehofer.

54,3 Prozent stimmten gegen Projekt

Beim Münchner Bürgerentscheid hatten in der Stichfrage 54,3 der Wähler gegen das Milliardenprojekt gestimmt, nur 45,7 Prozent stimmten dafür. Die Wahlbeteiligung lag bei 32,8 Prozent. Damit kann die dritte Startbahn faktisch mehrere Jahre lang nicht gebaut werden. Denn das Votum verpflichtet die Landeshauptstadt, in der Flughafen-Gesellschafterversammlung gegen den Bau zu votieren - und dort wäre Einstimmigkeit nötig, um das Projekt zu verwirklichen.

Rechtlich ist der Bürgerentscheid zwar nur ein Jahr lang bindend für die Stadt. Doch Oberbürgermeister Ude betonte bereits, er werde den Willen der Münchner Bürger unabhängig von Regeln und Kommunalrecht ernst nehmen. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte: „Christian Ude kann sich von seiner Verantwortung nicht freimachen. Es sind offensichtlich seine Anhänger, die er nicht überzeugen konnte.“

CSU kritisiert Ude

Der Vorsitzende der CSU-Wirtschaftskommission und Münchner Abgeordnete Markus Blume sagte über Ude und die SPD: „Die waren auf dem Papier dabei, aber im Herzen nicht.“ Der Münchner CSU-Chef Ludwig Spaenle sprach von einer „Abfuhr“ und einer „krachenden Niederlage“ für Ude. „Die politische Bewertung ist, dass der Münchner OB in einer ganz zentralen und strategisch wichtigen Frage ohne Mehrheit dasteht.“

SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher wies die Attacken auf Ude zurück. „Es ist ersichtlich, dass die Staatsregierung die eigene politische Niederlage nicht einzugestehen bereit ist und vielmehr den Münchner Oberbürgermeister aus schnöden parteitaktischen Gründen als alleinigen Verlierer ausmachen will. Das ist kompletter Nonsens“, erklärte er. Nüchtern betrachtet sei es einem großen Bündnis aus SPD, CSU und FDP, Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und einer Vielzahl von Institutionen nicht gelungen, die Startbahn auch mit einer Mehrheit in der Bürgerschaft abzusichern.

Ude warnt vor Flughafenausbau als Wahlkampfthema

Ude selbst warnte CSU und FDP, den Flughafenausbau 2013 zum Wahlkampfthema zu machen. Die Ankündigung, den Bürgerentscheid durch ein Landtagswahlergebnis aushebeln zu wollen, sei „unerforschlich“. „Kein wie auch immer gearteter Wahlausgang auf Landesebene kann eine Entscheidung der Münchner Bürgerschaft, wie mit dem Münchner Flughafenanteil zu verfahren ist, außer Kraft setzen.“ Und auch ein Volksentscheid auf Landesebene könne nichts ausrichten.

Auch CSU-Bezirkschef Spaenle betonte, die Münchner CSU wolle am Nein der Bürger zur dritten Startbahn nicht rütteln – und nicht versuchen, das Ergebnis des Bürgerentscheids zu umgehen. „Die Münchner Bürgerschaft – also der Souverän – hat entschieden. Und das ist klar zu respektieren“, sagte Spaenle der Nachrichtenagentur dpa.

Dritte Startbahn noch nicht vom Tisch

Nach Einschätzung des Flughafens ist der Bau der dritten Startbahn aber nicht für immer vom Tisch. Es sei „keineswegs das letzte Wort gesprochen“, sagte ein Sprecher. Der Bedarf für die dritte Bahn sei nach wie vor da – und werde weiter zunehmen. Deshalb werde man den Planfeststellungsbeschluss – sollte dieser vor Gericht bestätigt werden – nicht vernichten, sondern in die Schublade legen. „Und eine Schublade kann man ja dann auch wieder öffnen.“

Auch CSU-Landtagsfraktionschef Georg Schmid betonte: „Der Bürgerentscheid bedeutet nicht zwingend das endgültige Aus für die dritte Startbahn.“ Die Bundesregierung bedauerte das Nein zu den Ausbauplänen. Die dritte Startbahn sei ein wichtiges Infrastrukturprojekt, das für München, Bayern und ganz Deutschland Bedeutung habe, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums.

Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft erklärte, das Nein beim Bürgerentscheid sei für den Airport „hoffentlich noch nicht das letzte Wort“. Die Grünen feierten dagegen das Nein der Bürger. Die „Entscheidung gegen die Ideologie des zügellosen Wachstums“ habe eine Bedeutung weit über München hinaus, sagte der Grünen-Landeschef Dieter Janecek.

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