Frühförderung steckt noch in den Kinderschuhen

1.11.2013, 00:00 Uhr
Frühförderung steckt noch in den Kinderschuhen

© Stefan Hippel

„Kinder sind wie kleine Schwämmchen, sie saugen alles auf, was ihnen vorgemacht wird, und deshalb müssen die Erwachsenen das Richtige machen“, sagt Elterntrainerin Julia Oskina (43). Sie wurde von dem in Nürnberg ansässigen, gemeinnützigen Familienbildungsprogramm PAT speziell dafür ausgebildet, Eltern von der Schwangerschaft bis zum dritten Lebensjahr ihres Kindes zu unterstützen. Die Russin besucht die sozial benachteiligten Familien einmal im Monat, ermutigt die Eltern zu mehr Eigeninitiative und macht zum Beispiel Vorschläge, was mit den Kindern gespielt werden kann.
Die Familien, die vor allem über Bekannte, Ärzte oder Sozialdienste vermittelt werden, haben meist Migrationshintergrund — und genauso die überwiegend weiblichen Elterntrainer. Die nämlich können so gut auf die sprachlichen und kulturellen Bedürfnisse „ihrer“ Familien eingehen.
 

Jeanne Werner-Dietrich, im Kongo geboren, arbeitet beispielsweise mit afrikanischen Familien: „Oft verstehen die Eltern nicht, warum das Programm für sie wichtig sein soll, obwohl sie es in Afrika nicht gebraucht haben“, erzählt die Pädagogin. An solchen Fällen aber zeigt sich, wie sich die Lebenssituation in Deutschland unterscheidet. Die Kinder sind hier nicht immer draußen und unter Leuten, wie in Afrika, sondern häufig allein im Haus.
Oft erlebt die 44-jährige Pädagogin auch, dass die Eltern das Haus nicht verlassen, weil sie sich nicht auskennen oder die deutsche Sprache zu wenig beherrschen. Deswegen wird neben den routinemäßigen Hausbesuchen auch großer Wert auf Gruppentreffen und -ausflüge gelegt. Eltern werden so dabei unterstützt, Kontakte zu knüpfen und das eigene Lebensumfeld zu erkunden.

Kleingeld für die Kleinsten

„PAT — Mit Eltern lernen“ wurde 2004 durch die Awo Nürnberg aus Amerika in die Stadt geholt. Hierzulande sind pädagogische Konzepte zur frühkindlichen Förderung noch recht neu, sagt Nürnbergs Sozialreferent Reiner Prölß. Dabei könne Erziehung und Bildung nicht nur in Kinderhorten und Schulen stattfinden. Sie müsse immer auch schon davor und jenseits dieser Institutionen gewährleistet werden.
Seit August wird das Programm von der Initiative „Deutschland rundet auf“ (DRA) unterstützt. Hierbei können Kunden von Geschäftsketten wie Douglas, Netto, und Reno Kaufbeträge centweise aufrunden und somit an wohltätige Projekte spenden. Bis November wird das Spendenziel von 300000 Euro erreicht sein. Mit dieser Summe können bis zu 120 zusätzliche Elterntrainer ausgebildet werden, womit deutschlandweit über 600 Familien beziehungsweise 1000 Kinder erreicht werden.
 

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