Furioser Tastenzauber

25.9.2016, 18:58 Uhr

Die junge Amerikanerin mit chinesischen Wurzeln begibt sich zuerst auf eine Reise durch die turbulenten Klaviersonaten des Italieners Domenico Scarlatti. Im Gegensatz zur einfachen Form offenbaren die herrlichen kleinen Stücke einen großen Reichtum an Modulationen und originellen Motiven.

Huangci, eine ausgesprochene Scarlatti-Spezialistin, verströmt pianistischen Impressionismus, so innig gelingt es ihr, die mechanischen Finessen weicher erscheinen zu lassen. Der Meister hatte seine 555 Sonaten als Übungswerke für eine spanische Prinzessin komponiert und allerhand technische Herausforderungen eingebaut. Die zierliche Pianistin hat Wunder-Finger, sie spielt in der grundlegenden Horizontalen wie in den harmonischen Vertikalen souverän, stellt aber ihre Kunstfertigkeit nie zur Schau, sondern bringt sie wie selbstverständlich mit. Pointiert setzt sie Akzente, wechselt zwischen Klarheit und indirekten Schattierungen.

Es folgt Beethovens „Sonata quasi una fantasia“, die „Mondscheinsonate“. Huangci erbaut eine kontrastreiche Klangdramaturgie, verdichtet Akkorde und erzeugt elegante Bewegungen, die einen weiten, runden Resonanzraum öffnen. Das Publikum kann nachvollziehen, wie die Komposition gestaltet ist, welche Variationen Beethoven angelegt hat.

Die Triolen nutzt Huangci als Begleitfigur, verzichtet auf alles Pathetische, Gefühlsduselige, sondern phrasiert zart die Melodie. Das reinigt dieses bekannte Werk erfrischend von Schmalz. Subtil die Artikulation des Allegretto, im Finalsatz entzündet die Künstlerin dann Presto agitato ein Feuerwerk. Von Bach, der ebenso wie Scarlatti 1685 geboren wurde, hat sie die Chaconne in d-Moll für Violine ausgewählt, die Busoni für das Klavier übertrug. Ein pompöses Werk, das Huangci romantisch darbietet und beinahe zu perfekt zu immer neuen Höhepunkten führt. Den Abschluss bildet Schuberts Sonate A-Dur D 959. Hier offenbart sich die ganze Kunst des Komponisten und der Pianistin, die schlicht und lebensfroh spielt, schlank und locker dahingleitend. Subtil nimmt sie Tempo zurück, um die Anmut des Werks zur Geltung zu bringen. Furios.

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