Tritte nach Foul in Nürnberg: Haftstrafen für zwei Männer

29.3.2017, 17:56 Uhr

Anfangs soll es ein entspanntes Spiel gewesen sein. Organisiert hatte das Nachtfußball-Turnier, bei dem sich die Freizeitkicker in der Sporthalle der Geschwister-Scholl-Realschule gegen Mitternacht trafen, das Jugendamt – letzte Woche saß die Sozialpädagogin, die das Turnier vor Ort betreute, im Zeugenstand und kämpfte mit den Tränen. Noch nie, so beschrieb sie, habe sie derart brutale Szenen gesehen.

Es ist ihre "plastische Schilderung", so Richter Dieter Weidlich, der die Jugendkammer I des Landgerichts Nürnberg-Fürth "im Wesentlichen folgt". Als ein 19-Jähriger gefoult wurde, kippte die Stimmung schlagartig. Aufgepumpt mit Adrenalin stand der junge Mann plötzlich einem anderen Stirn an Stirn gegenüber, es hagelt Faustschläge, bis er, den Kopf im Netz, hinter dem Tor zu Boden ging.

Dort wurde er, dies belegen Prellmarken am Kopf, sechsmal getreten, der Rechtsmediziner stellte später fest, dass sich in Haut und Fleisch des Geschädigten die Profilsohlen der Turnschuhe abzeichneten. Und doch hatte der Geschädigte Glück: eine Woche litt er unter Kopfschmerzen, doch Fußball spielt er bis heute gerne, erzählte er vor Gericht. Doch grundsätzlich gilt ein Fußtritt gegen den Kopf als Anschlag aufs Leben – die Staatsanwaltschaft warf den drei Männern daher versuchten Totschlag vor.

2,5 Promille Alkohol im Blut

Nach fünf Verhandlungstagen schrumpft die juristische Wertung auf gefährliche Körperverletzung zusammen, die Richter folgen in der Urteilsbegründung der Verteidigung, halten einen beginnenden Tötungsvorsatz nicht für nachgewiesen. Die Angeklagten sind Brüder (38 und 29 Jahre) auch der Sohn (16) des Älteren sitzt auf der Anklagebank. Der 38-Jährige war mit rund 2,5 Promille ordentlich alkoholisiert, er malträtierte den 19-Jährigen mit zwei Tritten.

Der 29-Jährige vermutete in dem Opfer den Aggressor und trat dreimal zu, der 16-Jährige folgte dem schlechten Vorbild der Erwachsenen und setzte ebenfalls einen Fußtritt. Kurz vor den Plädoyers zeigte die Familie tätige Reue, 3000 Euro wurden an den Geschädigten übergeben, 6000 Euro als Streitwert anerkannt. Die beiden Männer wurden zu zweieinhalb, beziehungsweise dreieinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, der 16-Jährige kommt mit eineinhalb Jahren Jugendstrafe auf Bewährung davon.

Doch: "Wer tritt, sitzt" heißt es in der Urteilsbegründung. Als Freispruch soll der Jugendliche die Bewährung nicht missverstehen; verhängt wird überdies, als Warnschuss, ein Dauerarrest von vier Wochen. Eine zentrale Rolle bei der Strafzumessung spielte der im Jugendrecht maßgebliche Erziehungsgedanke: Der 16-Jährige muss auch einen Anti-Gewalt-Kurs absolvieren und bekommt einen Bewährungshelfer an die Seite gestellt. 

Dieser Artikel wurde am 29. März um 17.56 Uhr aktualisiert.