Gefahr in Behörden: Wenn gedroht und beleidigt wird

23.12.2016, 06:00 Uhr
Tätlichkeiten sind nicht unvermeidbar. In 75 bis 80 Prozent aller Fälle können sogenannte Erstbewerter Gefahren schon durch Gespräche entschärfen.

© dpa Tätlichkeiten sind nicht unvermeidbar. In 75 bis 80 Prozent aller Fälle können sogenannte Erstbewerter Gefahren schon durch Gespräche entschärfen.

Kern der Strategie ist die Ausbildung sogenannter Erstbewerter. Knapp 60 von ihnen wurden bisher geschult; sie arbeiten im Bürgermeisteramt und anderen Dienststellen der Stadt Nürnberg, in Jobcentern, im Frauenhaus oder auch bei der Technischen Hochschule.

Ihre Aufgaben schildert der Diplom-Psychologe Jens Hoffmann - er leitet ein Institut Pschologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt und hat die Fortbildung übernommen - so: Sie müssen vor allem unterscheiden lernen, ob es sich um einen spontanen Wutausbruch handelt oder ob es sich um eine so genannte kalte Aggression handelt, die sich lange aufgebaut hat.

Gefahr kann oft entschärft werden

Eine hitzköpfige Reaktion ist tendenziell weniger gefährlich; da reicht es dann oft, dem Täter in einem deutlichen Gespräch die Grenzen aufzuzeigen. Das kann entweder der Erstbewerter oder ein Vorgesetzter übernehmen. "In 75 bis bis 80 Prozent der Fälle kann die Gefahr dadurch entschärft werden", weiß Heiner Dehner vom Krisendienst Nürnberg, ebenfalls Diplom-Psychologe.

Gefährlicher ist die sich langsam aufbauende Wut: "Bei den meisten Amokläufen sind die Täter ruhig und zielgerichtet", so Jens Hoffmann. Für solche Fälle steht beim Krisendienst ein Kernteam bereit; das sind bis zu acht Fachleute, Psychologen, Psychiater, Sozialpädagogen und auch die Polizei. Sie können spätestens 48 Stunden nach dem Vorfall über die Tat beraten.

Keine hundertprozentige Sicherheit

Das Team kann den Tätern Hilfsangebote machen und zum Beispiel eine psychiatrische Behandlung empfehlen. Die Polizei, sagt Pamela Schmidt von der Polizeiberatung Zeughaus, hat eine besondere Möglichkeit der Prävention: Sie kann zum Termin mit einem psychologisch geschulten Beamten laden; Erziehungsgespräch heißt das bei Jugendlichen, Gefährderansprache bei Erwachsenen. Der Täter soll mit den Konsequenzen seiner Tat konfrontiert haben, aber auch das Gefühl bekommen, dass ihn die Sicherheitsbehörden im Fokus haben.

Erstbewerter und Kernteam bieten selbstverständlich auch den Opfern Hilfe an: Die Polizei gibt Sicherheitshinweise oder hält Schulungen ab, dazu wird, falls nötig, nach maßgeschneiderten Angeboten im psychosozialen Beratungsnetz gesucht.

Trotzdem gilt natürlich: "Hundertprozentige Sicherheit können wir nicht garantieren", sagt Pamela Schmidt. Bei etwa zehn Prozent der Fälle bleiben die erhofften positiven Folgen aus. Sie allerdings bleiben dann im Blickpunkt der Behörden, um ihre weitere Entwicklung abschätzen zu können. Derzeit sind es drei Personen, die mit erhöhter Wachsamkeit beobachtet werden.

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