Gewerkschafter nehmen Söder in die Mangel

20.9.2018, 20:16 Uhr

Markus Söder wird schon erwartet. Ein Dutzend Demonstranten konfrontiert den CSU-Politiker vor der Veranstaltung mit den Forderungen der Gewerkschaften: Gute Löhne, ein Tariftreuegesetz, weniger Raubtierkapitalismus. Ein kurzer Handschlag mit einem der Demonstranten, dann eilt der Ministerpräsident ins Gebäudeinnere.

Das Zustandekommen des Termins war nicht ganz einfach. Ein "historisches Ereignis" nennt der Geschäftsführer des DGB Mittelfranken, Stephan Doll, die Anwesenheit Söders im Gewerkschaftshaus. Doll diskutiert mit Söder über "Gute Arbeit in Bayern". Sein Kollege aus Oberfranken, Mathias Eckardt, befragt den Ministerpräsidenten zu "Gleichwertigen Lebensverhältnissen". Zwanzig Minuten Zeit gibt es für jedes Thema.

Den Anfang macht Frank Firsching, DGB-Geschäftsführer in Unterfranken, der mit Söder die Themen Wohnen und Pflege beackert. Durchschnittsverdiener könnten sich das Leben in den Ballungsräumen kaum mehr leisten, sagt Firsching. Hier stimmt Söder zu: "Mir macht es Sorge, dass Normalverdiener immer mehr zu Geringverdienern werden." Der Ministerpräsident schlägt daher vor, das Wohngeld so zu überarbeiten, dass mehr Menschen als bisher davon profitieren können. Auf eine Diskussion um die stetig steigende Armutsquote in Bayern will Söder sich hingegen nicht einlassen. Er kritisiert stattdessen die gängige Armutsdefinition. Sie besagt, dass Menschen als armutsgefährdet gelten, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung haben. "Entscheidend für die Menschen ist, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu schaffen", findet der Ministerpräsident.

Arbeitsplätze, das ist das Stichwort für Stephan Doll. Er konfrontiert Söder mit der Tatsache, dass in Nürnberg 38 Prozent der Arbeitsverhältnisse atypischer Natur sind. Außerdem habe Bayern die niedrigste Tarifbindung der westdeutschen Bundesländer. "Das ist ein Skandal", sagt Gewerkschafter Doll. "Wenn man Sie so hört, müsste es Bayern ja sehr schlecht gehen. Man muss die Kirche im Dorf lassen", antwortet Söder.

Doll drängt dagegen auf ein Tariftreuegesetz in Bayern. Dann kämen nur Unternehmen, die ihre Mitarbeiter tarifgerecht entlohnen und andere Sozialleistungen erbringen, für Aufträge der öffentlichen Hand infrage. Das hält Söder für überflüssig, die geltenden gesetzlichen Regelungen seien ausreichend. "Aber wenn es die Wahl noch rettet, überlege ich es mir", scherzt der CSU-Politiker. Einigkeit herrscht hingegen in Sachen Ladenschluss: "Ich bin gegen jede Reform der Ladenöffnungszeiten", macht Söder deutlich. Das ist auch die Position des DGB.

Als Mathias Eckardt, DGB-Chef in Oberfranken, gleiche Lebensverhältnisse in Stadt und Land fordert, ist Söder in seinem Element: "Wenn es einen Spitzenpolitiker gibt, der das für Nordbayern getan hat, bin das ja wohl ich", sagt er und verweist auf die Verlagerung von Behörden aus München in andere Regionen Bayerns. "Was bin ich dafür angegriffen worden!"

Zum Schluss der Diskussion gibt sich Söder als Freund einer Mietpreisbremse zu erkennen: "Da habe ich durchaus Sympathie – aber sie muss auch wirken."

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