Hat in Nürnberg auch schon eine Gentrifizierung begonnen?

15.3.2016, 08:33 Uhr
Ist das Thema Gentrifizierung auch schon in Nürnberg angekommen? Darauf gibt es keine eindeutige Antwort.

© Michael Matejka Ist das Thema Gentrifizierung auch schon in Nürnberg angekommen? Darauf gibt es keine eindeutige Antwort.

Den Begriff "gentrification" hat Ruth Glass in den 60er Jahren geprägt. Die britische Soziologin beschreibt damit den Wechsel von einer Bewohnerschaft mit niedrigem Einkommen und Status zu einer statushöheren und finanzkräftigeren, der einhergeht mit hübsch sanierten Bauten, neuen Eigentümern und steigenden Mieten. Um es vorwegzunehmen: Die Frage "Gentrifizierung in Nürnberg – bereits in vollem Gange?" lässt sich mit einem klaren Nichts-Genaues-weiß-man-nicht beantworten.

Da hilft auch die Wissenschaft nur bedingt weiter, wie Thomas Franke vom Deutschen Institut für Urbanistik Berlin unumwunden zugibt. Zum einen fehle für den Begriff "Gentrifizierung" eine klare Definition, zum anderen lasse sich das Problem schwer nachweisen. Es gebe kaum hieb- und stichfeste Daten, weil oft nicht genau festgestellt werden könne, was faktenbasiert und was eher gefühlt sei.

Das sieht Gunther Geiler vom Mieterbund Nürnberg ähnlich. In seiner täglichen Beratung taucht das Thema bisher selten auf. Auch sei nicht erkennbar, dass sich in bestimmten Straßenzügen oder gar in ganzen Vierteln systematisch etwas anbahne: überdurchschnittlich hohe Mieten und Wanderung innerhalb der Stadt, Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. "Es sind Einzelfälle, die geschildert werden – auch in Gostenhof." Trotzdem erachtet Geiler es für notwendig, Tendenzen zu beobachten. Dem kann Stadtentwickler Michael Ruf nur beipflichten. "Wir müssen aufpassen." Gefährlich werde es, wenn Kapitalanleger ins Spiel kämen. "In den 80er Jahren ein echtes Problem, heute eher weniger." Damit die Renaissance der Stadt gelinge, junge Familien gehalten und Verdrängung verhindert werde, müsse bei der Aufwertung – so wie in Gostenhof – Vorsicht walten, anders als im Bleiweißviertel, wo die früheren Bewohner tatsächlich verdrängt worden seien.

Umwandlungsverbot in München

Das Drehbuch, nach dem Quartiere zum Objekt der Begierde avancieren, ist immer das gleiche. Zunächst, sagt Franke, ziehen die Kreativen in die vernachlässigten Gebäude ein und nutzen sie als Ateliers und zum billigen Wohnen. Kleine Cafés eröffnen. Der Verfall ist gestoppt; das Viertel wird zum Szene-Viertel. Und dann kommt das dicke Geld in Gestalt von Investoren und "Starbucks". Noch ist die US-Kaffeekette weder in Gostenhof noch in Maxfeld oder in Gärten hinter der Veste präsent.

Damit im Zuge der Sanierung und Aufhübschung der Viertel die Mieten nicht ins Uferlose steigen und Menschen mit großem und kleinem Geldbeutel gleichermaßen dort wohnen können, könnte die Stadt unter anderem sogenannte Erhaltungssatzungen auflegen.

Sie erlauben es der Kommune, alle baulichen Maßnahmen oder Modernisierungen abzulehnen, die zu einem überdurchschnittlichen Standard der Wohnungen führen würden.

Zusammen mit einem Umwandlungsverbot funktioniert das in München bereits gut, weiß Franke. Das Umwandlungsverbot kann verhindern, dass Mietshäuser in begehrten Stadtvierteln in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Früher hatte die Stadt Nürnberg 13 Erhaltungssatzungen; heute gibt es keine einzige mehr.

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