Herrenlose Koffer: Der lange Weg der Bomben-Experten

29.7.2016, 06:41 Uhr
Auch am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) lenkte ein Koffer die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich.

© Günter Distler Auch am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) lenkte ein Koffer die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich.

Ob einer, zwei oder gar alle drei Koffer mutwillig abgestellt wurden, kann die Polizei derzeit nicht sagen. Klar ist nur, der Inhalt ist harmlos. Am Aufseßplatz meldete ein VAG-Mitarbeiter gegen 14.30 Uhr ein solches herrenloses Gepäckstück gleich neben der Mc Donald‘s-Filiale im Verteilergeschoss der U-Bahn. Die Sprengstoff-Spezialisten des Landeskriminalamtes in München waren zu diesem Zeitpunkt praktischerweise in Zirndorf. Denn dort explodierte zuvor tatsächlich ein Koffer. Die Lka-Beamten nahmen das, was von dem Behälter noch übrig war, unter die Lupe.

Da die zwei Trupps aus München schon mal hier waren, wurden sie danach vom Einsatzstab des Polizeipräsidiums Mittelfranken gleich zum Aufseßplatz beordert. Der Inhalt des dortigen Koffers: Luft.

Um 17.45 Uhr mussten die Spezialisten noch einmal ran. Am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) lenkte ein dritter Koffer die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich. Der war mit Kleidung befüllt. Doch war damit der Einsatz der Münchner in Nürnberg noch nicht beendet. Gegen 18.30 Uhr meldete ein besorgter Bürger, dass auch in der Finkenstraße ein Koffer zwischen zwei parkenden Autos steht. Die Beamten öffneten ihn und stießen auf Werkzeug.

Waren das nun bewusste Täuschungen von Trittbrettfahrern? Menschen, die die allgemeine Nervosität nach den Anschlägen in Würzburg, München und Ansbach nutzen, um der kollektiven Furcht weiter Nahrung zu geben?

Polizeisprecher Peter Schnellinger schließt nichts aus. Doch die Tatsache, dass ein mit Kleidung gefüllter Koffer am ZOB steht, ist nicht ungewöhnlich. Den hat ein Busreisender vielleicht unabsichtlich stehen lassen. Auch der Koffer in der Finkenstraße, in dem das Werkzeug war, muss nicht mit Absicht dort abgestellt worden sein. "Den hat vielleicht ein Handwerker vergessen", so Schnellinger.

Polizei ermittelt wegen Androhung von Straftaten

Anders in München. Dort haben nach dem Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum am vergangenen Freitag zehn Trittbrettfahrer meist übers Internet ähnliche Taten angekündigt. Die Polizei ermittelt wegen Androhung von Straftaten und identifizierte die überwiegend jungen Absender der Botschaften.

Für die kann so ein schlechter Scherz teuer werden. Sie müssen nicht nur mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, sondern auch mit den Kosten der Polizeieinsätze. In jedem einzelnen Fall muss die Einsatzzentrale abwägen, wie ernst die Lage ist. Gibt sie grünes Licht, wie am Mittwoch in Nürnberg, läuft das ganz große Programm an.

Immer öfter werden jetzt auch in Polizeikreisen Stimmen laut, die eine Abteilung Sprengstoff-Experten in Nordbayern fordern. Bislang gibt es nur eine in Bayern, und die ist beim LKA in München angesiedelt. Werden die Spezialisten aber in Nürnberg angefordert, kann es bis zu zwei Stunden dauern, bis sie hier sind. So lange bleiben im Ernstfall Straßen und Plätze gesperrt und wird der öffentliche Nahverkehr teilweise lahmgelegt, um niemanden zu gefährden.

Im Innenministerium prüft man derzeit "aufgrund der anhaltenden Gefährdungslage", ob eine weitere Spezialdienststelle im Norden aufgebaut wird. "Konkrete Planungen gibt es aber noch nicht", sagt Ministeriumssprecher Michael Siefener.

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