Hunde, Kot und Pokémon: Tiergarten-Chef ist genervt

7.9.2016, 05:59 Uhr
Im Zoo ist alles durfte, findet der Tiergarten-Chef Dag Encke. Davor aber tummeln sich gleich mehrere Szenen.

© Michael Matejka Im Zoo ist alles durfte, findet der Tiergarten-Chef Dag Encke. Davor aber tummeln sich gleich mehrere Szenen.

"Das ist hier ein durchaus spannendes Ambiente!", beschreibt Dag Encke mit Humor aber auch Sarkasmus die Lage. Eine Flut von Kippen, aber auch Flaschen und andere Abfälle muss man vor den Toren des Tiergartens seit etlichen Wochen in aller Frühe entsorgen, um Besuchern ein ordentliches Entree bieten zu können. Sowohl in Tiergehegen als auch in einer "Arena" auf dem Vorplatz des Zoos finden Pokémon-Fans derzeit ein Jagdgebiet. "Manche Spieler bleiben bis vier, fünf Uhr morgens, andere kommen dann erst", sagt Encke, der am Tiergarten wohnt und die Szenerie vor der Haustür hat.

Wer sich coole Typen vorstellt, liegt offenbar falsch. "Für längere Gespräche sind die nicht zu haben, die müssen ja die Viecher fangen", bilanziert Encke; hatte er doch mehrmals versucht, zu dieser speziellen menschlichen Spezies Kontakt aufzunehmen. "Ob sie die Tierchen auch füttern müssen, habe ich gefragt und bekam die Antwort: 'Die können ja nicht mal scheißen, warum soll ich die denn füttern?'" Encke lacht. "Am Anfang fand ich das putzig, inzwischen nur noch langweilig. Sie starren in ihre Handys, sind aus meiner Sicht recht spießige, junge Menschen, die offenbar die dicken Autos von ihren Papas ausgeliehen haben."

"Wenn die den Wald zukacken, werde ich sauer"

Und die stellen sie mal auf Enckes Wiese ab, besonders gedankenlos aber im Fußgängerbereich. "Das kümmert die null!", meint der Direktor gelassen. Die Polizei sei auch schon mal da gewesen; doch da die Klientel rasch wechselt, brachte das wenig Nachhall. "Diese Spieler sind aber noch das Harmloseste. Wenn die nun allerdings auch noch den Wald zukacken, werde ich langsam sauer", greift Encke in die Repertoirekiste turbulenter Ereignisse in der Nachbarschaft zu den Tiergehegen.

Hundekot – nun ja. Doch zunehmend sei der Wald voll mit menschlichen Exkrementen. Und ob Jogger, Spaziergänger oder sonst wer, "sie können es sich nicht verkneifen, ein Taschentuch als weiße Fahne neben dran zu legen". Wieder lacht Encke herzlich. "Ein Kunstgenuss spezieller Sorte! Ich habe noch nirgendwo so eine Mistkäferdichte gesehen wie hier – die Käfer beseitigen die Kacke sehr schnell; allerdings weder Taschentücher noch Windeln!“

Selbst die Photovoltaikanlage im Inneren des Tiergartens war neulich mit einer Windel garniert. "Na ja, bei über einer Million Besucher im Jahr ... Doch man denkt sich schon: Habt ihr eigentlich kein Zuhause?"

Schleudertraining und Schwulenstrich

Mehr Müll im Wald sei jedenfalls ein allgemeiner Trend: "Der Respekt, den man aus den 80er Jahren kennt, alles mitzunehmen, um den Wald nicht zu verunreinigen, erstirbt wieder“, betont der Zoo-Chef. Auch bei Sör (Servicebetrieb Öffentlicher Raum) habe man das Phänomen zunehmender Nachlässigkeit festgestellt. Gleichzeitig gebe es den Anspruch, "die öffentliche Hand müsse hinter den Bürgern herputzen“.

So gebe es sogar etliche Leute, die den Kot ihrer Hunde zwar brav in Tütchen einsammeln, "dann aber x Kot-Tütchen frustriert in den Wald werfen, weil es keine Entsorgungsmöglichkeit gibt, beispielsweise am Valznerweiher. Und in diese Plastiktüten kommen nicht mal mehr die Mistkäfer rein!“ Gänzlich ohne Logik sei das, wundert sich Encke: "Plastik im Wald ist doch viel schlimmer als Kot!“

Würde es Eule, Eisbär, Giraffe und Co. interessieren, böte sich ihnen das ganze Jahr hindurch allzu menschliches Schauspiel vor der Tür: "Einen Schwulenstrich hatten wir auch schon und natürlich hinten im Wald die Liebespaare im Auto“, zählt der Direktor auf. Schneit es im Winter, beginnen eineinhalb Stunden später die Schleuderübungen auf eisglattem Untergrund an der Bushaltestelle. "Da kann man die Uhr danach stellen", witzelt er.

Im Zuge der Autorennen in Richtung Mögeldorf, die regelmäßig am Schmausenbuck starten, wurde er Zeuge, "als sich welche um den Baum gewickelt haben. Zwei Bleichgesichter stiegen aus. Auto von Papa? Da kam ein ,Ja‘. Ich sagte, damit seien sie ja gestraft genug. Danach wollten sie mir weismachen, sie seien einem Fuchs ausgewichen."

Encke hatte den Kreislauflädierten sein Sofa angeboten. Er schmunzelt in sich hinein. "Das wollten sie dann aber doch nicht annehmen."

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