"Ich wollte faul sein, aber nun brummt mein Kopf"

15.9.2014, 11:30 Uhr
Könnte 24 Stunden faul auf der Coach liegen, ist aber trotzdem die meiste Zeit ehrenamtlich engagiert.

© dpa Könnte 24 Stunden faul auf der Coach liegen, ist aber trotzdem die meiste Zeit ehrenamtlich engagiert.

Herr Bohmeyer, glauben Sie an das Gute im Menschen?

Michael Bohmeyer: Mir geht es nicht um die Frage gut oder böse. Der Mensch ist doch ein soziales Wesen und immer auf Kommunikation aus.

Sie verlosen 12.000 Euro an fremden Menschen. Haben Sie keine Angst, dass die Gewinner dann gar nichts Sinnvolles mit ihrem Jahr ohne Arbeit anfangen?

Bohmeyer: Überhaupt nicht. Ich finde, man muss auch nicht in der Kategorie sinnvoll oder unsinnvoll unterscheiden. Die Leute sollen machen, was ihnen gut tut. Und wenn jemand das Bedürfnis hat, faul auf der Couch zu liegen, dann soll er das machen. Das ist gar nicht so einfach...

Nein?

Bohmeyer: Ich habe es selbst ausprobiert, wollte faul sein und einfach mal gar nichts machen. Aber seitdem brummt mein Kopf nur so vor Ideen und ich habe ständig Lust, etwas Neues zu machen.

Leute geben auf Ihrer Homepage an, was Sie in ihrem Jahr ohne Arbeit tun wollen. Hat Sie eine Antwort überrascht?

Bohmeyer: Alles habe ich noch nicht gelesen, immerhin sind es rund 25.000 Antworten. Die meisten Wünsche sind relativ unspektakulär: Viele wollen einfach nur weniger gestresst weiterarbeiten, sich ehrenamtlich engagieren oder sich selbstständig machen.

Wie hoch muss ein Grundeinkommen sein, um das zu ermöglichen?

Bohmeyer: Wir haben 1000 Euro im Monat angesetzt. Das ist in der Debatte eine bekannte Losung und eine runde, griffige Summe. Mein eigenes Grundeinkommen erhalte ich momentan aus der Beteiligung an einem Internet-Start-Up, dass ich vor acht Jahren mitgegründet habe. Das ist etwas weniger als 1000 Euro. Für Berlin reicht das nicht ganz. Deshalb lebe ich noch von Ersparnissen.

Wie hat sich Ihr Leben seitdem verändert?

Bohmeyer: Seit ich nicht mehr arbeiten muss, habe ich einen regelrechten Kreativitätsschub. Privat bin ich ausgeglichener geworden - und ein besserer Freund und Vater.

Manche Leute sagen ganz offen, dass sie nur arbeiten, um viel Geld zu verdienen. Können Sie die auch "bekehren"?

Bohmeyer: Ich weiß gar nicht, ob das wirklich so ist. Viele sagen das vielleicht auch nur so. Denn jeder sucht irgendwas in der Arbeit, soziale Kontakte, Bestätigung oder Identifikation. Und wenn einem der Job keinen Spaß mehr macht, sollte er ihn wechseln.

Das ist oft nicht so leicht.

Bohmeyer: Eben. Aber mit einem Grundeinkommen würde diese Angst, keinen Job mehr zu finden, verschwinden. Man hat dann eine viel bessere Verhandlungsposition. Wenn man einen Job nicht gerne macht, vielleicht auch, weil die Arbeitsbedingungen zu schlecht sind, macht man ihn nicht.

Und wer soll diese Jobs dann übernehmen?

Bohmeyer: Der Arbeitgeber müsste für solche Jobs die Bedingungen verbessern und mehr zahlen. Das würde beispielsweise in Bereichen wie Kindererziehung und Altenpflege helfen.

Den Link zur Crowdfunding-Aktion finden Sie hier.

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