Im Iran ist ihre Musik bei Strafe verboten

14.11.2014, 11:42 Uhr
Im Iran ist ihre Musik bei Strafe verboten

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Wie viele junge Menschen steht Behrooz Moosavi auf den Sound von Bands wie Franz Ferdinand, The Strokes, Interpol und die Arctic Monkeys. Und wollte irgendwann selbst IndieRock in diesem Stil spielen: Wild, laut, verrückt, mit viel Melodie und zwischenrein knalliger, richtig harscher Elektronik. Nur lebt Behrooz in Teheran, wo westliche Musik bei Strafe verboten ist. Gleichwohl gibt es sie im ganzen Land – im Untergrund. „Bei Euch im Westen bedeutet Underground alles das, was nicht Mainstream ist“, erklärt der 29-Jährige bei einem Kaffee in Gostenhof, wo die vier feschen Indie-Boys seit einigen Wochen wohnen und wo sie schon so bekannt sind, dass ihnen beim Brötchen holen ein freundliches „Hey, ihr seid doch diese iranische Band!“ über die Straße entgegen schallt. „Bei uns im Iran gibt es aber nicht mal einen Mainstream!“

Gegen alle Widerstände

Musik machen gegen alle Widerstände. In einem Land, in dem das Radio keine westliche Musik spielt, Facebook und YouTube gesperrt sind und trotzdem jeder alles kennt. Behrooz erzählt von iranischen Rappern, deren Videos im Netz millionenfach geklickt werden, obwohl sie nicht mal eine Plattenfirma haben. Und von Death Metal Bands in irgendwelchen Kellern, von denen hierzulande noch nie jemand gehört hat. Ein Großteil des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens im Iran spielt sich im privaten Bereich ab, hinter verschlossenen Türen. Dort trifft sich auch die lebendige musikalische Szene. So fand der allererste Auftritt der Langtunes in einem Garten außerhalb der Hauptstadt statt, wo sich die Musiker eine eigene kleine Bühne bauten und vor 100 Freunden abrockten.

Doch Behrooz Moosavi (Gesang, Gitarre), Kamyar Keramati (Gitarre, Synthesizer), Garen Abnous (Bass) und Sam Ziai (Schlagzeug) wollten mehr. Schnell war klar: Wenn die Band einen Stich machen will, dann nix wie raus aus dem Iran. So zogen die vier Musiker 2012 nach Istanbul und spielten dort eine Handvoll Shows, die super ankamen. Von der Türkei aus buchten sich die jungen Männer via Internet („das war richtig harte Arbeit!“) eine kleine Europatour zusammen. Eine der ersten Antworten kam vom „Krach am Bach“- Festival im westfälischen Beelen, das die Iraner bei sich auf der Bühne haben wollte. So verschlug es die Langtunes nach Deutschland und über weitere Kontakte nach Nürnberg zu der umtriebigen Promoterin Elnaz Amiraslani, die selbst Perserin ist.

Diesen Sommer spielten sie erneut 27 Shows in Europa, unter anderem im Nürnberger Musikclub Hirsch. Im Februar 2015 läuft das Visum der Musiker ab. Die Zeit bis dahin wollen sie nutzen. Deshalb wurde in Nürnberg im Studio von Hannes Hümmer (Grand Sports, Stadt aus Draht) gleich das Debütalbum der Band eingespielt. Die erste eigene CD soll noch im Dezember erscheinen. Ende des Monats geht es weiter nach Berlin, wo mehrere Videoclips gedreht werden. Außerdem stehen noch weitere Konzerte an, bevor es im neuen Jahr dann zurück nach Teheran geht. Wo Langtunes von jetzt auf gleich plötzlich wieder nicht existieren werden …

„Ein großes Problem im Iran ist, dass du nie sagen kannst, was passieren wird. So lange wir uns aber nicht direkt an die iranische Jugend wenden, interessiert sich die Regierung keine Bohne für uns. Hier in Europa könnten wir Superstars sein, das wäre denen total egal“, lacht der smarte Sänger, der nicht müde wird, die Werbetrommel für sein Heimatland zu rühren. „Oh, du würdest es lieben, dort zu sein! Die Menschen freuen sich, wenn sie Touristen sehen. Erst kürzlich hatten wir wieder Besuch von Freunden aus Österreich, die in Teheran die Party ihres Lebens gefeiert haben. Ich sag’s dir ganz ehrlich: Obwohl Alkohol im Iran verboten ist, trinke ich zu Hause um einiges mehr als hier bei euch.“

Am Dienstag, 18. November, treten Langtunes ab 21 Uhr im Club Stereo auf — zusammen mit der israelischen Hardcore-Klezmer-Band Ramzailech. Ein Kurzfilm über die Band läuft derzeit beim Festival „Notes On Music“ als Vorfilm von „Deep City“ am Samstag im Erlanger E-Werk (16 Uhr) und im Uferpalast Fürth (21 Uhr) sowie am Sonntag im Filmhaus Nürnberg (17 Uhr).

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