In Gostenhof brummt die Wirtschaft in den Hinterhöfen

2.12.2018, 05:59 Uhr
In Gostenhof brummt die Wirtschaft in den Hinterhöfen

© Alexander Brock

Wo gehobelt wird, fallen Späne. Hier wird zwar nicht gehobelt, aber gesägt. Und es fallen massenweise Späne in der Firma Herrmann & Co. Späne aus Messing, Bronze und Kupfer. Eine kleine, metallverarbeitende Firma, die für Gostenhof exemplarisch ist. Bei den rund 600 Unternehmen in diesem Stadtteil mit zusammen etwa 20.000 Beschäftigten dominieren die kleineren Betriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern. Sie machen mit 80 Prozent den Großteil der Wirtschaftskraft in diesem Ortsteil aus.

Das Unternehmen Herrmann & Co. mit seinen zehn Mitarbeitern gehört zu diesen 80 Prozent. Es ist aber auch das älteste in diesem Stadtteil - auch wenn es nicht von Anfang an am selben Standort war. Seit 1838 werden hier Metalle und Legierungen wie Kupfer, Messing und Bronze bearbeitet. Später kam noch Aluminium dazu. "Früher gab es hier auch noch eine Gießerei", erzählt Geschäftsführer Günter Spachtholz.

Dass die Firma, die ihren Ursprung in der Johannisstraße hat, nicht immer zu den kleineren Unternehmen zählte, zeigt ein Blick in die Chronik. Nach der Gründung entwickelte sich der Betrieb zu einem bedeutenden Handel mit Metallhalbzeugen wie Rohre, Stangen, Profile, Platten und Bleche. Gründer Ludwig Herrmann hatte es von Passau nach Nürnberg gezogen, weil die Stadt als ein Zentrum der metallverarbeitenden Industrie galt. Hinzu kam, dass hier die erste deutsche Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth das Transportwesen revolutionierte, in einer Zeit, als mit der Industriellen Revolution immer mehr Fabriken aus dem Boden gestampft wurden.

In Gostenhof brummt die Wirtschaft in den Hinterhöfen

© Alexander Brock

Weltweite Aufträge

Die Firma baut in der Folge Handelsstützpunkte in Marokko, Algerien und Tripolis auf. Es entstehen auch Agenturen in Amsterdam, Brüssel und Paris. Die regionale Verbundenheit zeigte sich daran, dass das Unternehmen weiterhin Aufträge aus dem süddeutschen Raum annahm. Der Betrieb überstand beide Weltkriege, wenn auch stark angeschlagen. Seit 1951 hat die Herrmann & Co. GmbH ihren Sitz in der Gartenstraße in Gostenhof: Es werden ein Bürogebäude, eine zweistöckige Lager- und Fertigungshalle sowie Nebengebäude errichtet.

Die Kleinteiligkeit in Gostenhof birgt heute aber Probleme, vor allem bei Lieferungen. "Ein Sattelzug oder ein Lkw mit Anhänger kommt gar nicht in unseren Hof", sagt Geschäftsführer Günter Spachtholz. Als im Zuge der Stadtteilerneuerung Gostenhofs in den 80er Jahren auch darüber debattiert wurde, ob im Osten des Ortsteils auch die Gostenhofer Hauptstraße und die Gartenstraße verkehrsberuhigt und verengt werden sollen, erwog die Unternehmensspitze, im Falle der Realisierung den Standort zu wechseln. So weit kam es dann aber doch nicht, die Pläne über die Verkehrsberuhigung mit Engstellen verschwanden wieder in den Schubladen.

Gründe für den Metallhandelsbetrieb, sich hier niederzulassen, waren in den 50er Jahren der frühere Hauptgüterbahnhof am Kohlenhof, die Nähe zum Verkehrsknotenpunkt Plärrer und zum Frankenschnellweg. Auf dem Gelände des 1999 aufgelassenen Hauptgüterbahnhofs entsteht derzeit ein Gewerbepark mit dem neuen Hauptsitz der GfK, der voraussichtlich im kommenden Jahr bezogen wird.

Der Stadtteil ist also auch für die Zukunft gut aufgestellt, heißt es im städtischen Wirtschaftsrathaus. Der größte Anker und zugleich ein wirtschaftlicher Magnet für die gesamte Stadt ist die Datev mit ihren rund 6000 Beschäftigten alleine in Gostenhof und weiteren über 1000 Mitarbeitern in anderen Ortsteilen. Der Datev folgen die Städtischen Werke als zweitgrößtes Unternehmen in Gostenhof mit 4244 Beschäftigten. An dritter Stelle steht das Oberlandesgericht mit 2760 Mitarbeitern, dicht gefolgt vom kommunalen Energieversorger N-Ergie mit 2264 und der Verkehrs-AG mit 1800 Angestellten.


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Ein großes Potenzial steckt aber auch in den kleineren Betrieben. "Bei 38 Prozent handelt es sich um ,Ein-Mann-Unternehmen‘, die Hälfte aller Unternehmen hat nur drei oder weniger Mitarbeiter und fast 80 Prozent aller Betriebe haben weniger als zehn Beschäftigte", sagt Axel Eisele von der städtischen Wirtschaftsförderung. Unter den rund 600 Unternehmen in Gostenhof sei fast alles an Branchen vertreten - bis auf Landwirtschaft und Bergbau. Den größten Anteil nimmt der Handel mit knapp 100 Betrieben ein. Es folgen freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen wie Kanzleien, Architektur- und Ingenieurbüros oder Marketingunternehmen mit rund 90 Betrieben. An dritter Stelle mit etwa 50 Betrieben listet die städtische Wirtschaftsförderung in Gostenhof das Gesundheits- und Sozialwesen auf: Kindertagesstätten, Pflege- und Bildungseinrichtungen sowie medizinische Praxen.

Die Firma Herrmann & Co. gehört zur Kategorie "Verarbeitendes Gewerbe, Herstellung von Waren". Das Traditionsunternehmen ist eines von knapp 40 in Gostenhof, das Metall bearbeitet. Beliefert werden große Firmen wie Siemens oder Continental, aber auch kleinere mittelständische Betriebe. Geschäftsführer Spachtholz: "Zu unserem Kundenstamm gehören traditionell auch Künstler und die Akademie für Bildende Künste. Gostenhof ist schließlich auch eine Hochburg der Kunst."

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