In Langwasser blüht es bis Sankt Nimmerlein

27.8.2018, 17:57 Uhr
In Langwasser blüht es bis Sankt Nimmerlein

Eine Nachbarin läuft an dem kleinen Garten vor dem Genossenschaftshaus vorbei. "Schön macht sie das, gell?", fragt sie rhetorisch und klopft Gehring anerkennend auf die Schulter. "Die Nachbarn sind alle sehr angetan", sagt die Hobbygärtnerin über ihr Beet. Der Grünstreifen, der mit vielen verschiedenen Blumen eigentlich eher ein Buntstreifen ist, fällt direkt ins Auge. Bepflanzt sind die Flächen vor den umliegenden Mehrparteienhäusern zwar auch, aber wesentlich eintöniger, meist nur mit Hecken oder Sträuchern.

Auch vor Gehrings Haus ging es nicht immer so farbenfroh zu: "Früher war hier nur Gestrüpp und alles war kaputt, da waren nur noch Holzstöcke", so die Rentnerin. Vor etwa sieben Jahren fing sie an, die Fläche zu bepflanzen. Die Gartenarbeit erledige sie gerne alleine: Das brauche sie einfach, sagt die Nürnbergerin.

Eine Fülle an Pflanzen verschiedener Farben, Formen und Größen findet sich mittlerweile vor dem Gebäude in Langwasser: Gerbera, Geranien, Hortensien, Hibiskus, Tagetes, Phlox, Nelken, Astern und Rhododendren heben die Laune von Nachbarn und vorbeikommenden Spaziergängern. Dazwischen stehen Mittagsblümchen. "Wenn die aufblühen, haben sie so eine schöne Farbe", sagt die Rentnerin über das gelb strahlende Gewächs. Auch Rosen gibt es in dem Beet. Die hat sich eine Nachbarin gewünscht.

In Langwasser blüht es bis Sankt Nimmerlein

Am liebsten mag Gehring ihre Edellieschen: "Wenn da welche verblüht sind, kommen immer gleich neue nach. Die blühen von Mai bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag." Ohnehin möge sie aber alle Blumen. Und nicht nur die: "Ich liebe die Tiere, ich liebe die Menschen und ich liebe die Natur", sagt die Nürnbergerin. Ihre Pflanzen profitieren laut Gehring alle von der schattigen Lage direkt vor dem neunstöckigen Haus, gerade während eines Sommers wie dem diesjährigen, wenn die Sonne brennt.

Außer den Pflanzen gibt es auf der Grünfläche auch noch viele Figuren und weitere Details zu entdecken: Gartenzwerge und Tierfiguren spitzen zwischen den Geranien hervor und lachen. In der hinteren Ecke des Beetes schwimmen Enten aus Ton auf einem Fluss aus Kieselsteinen.

Die anderen Bewohner des Genossenschaftshauses zeigen sich erkenntlich, zumindest seit Gehring sich ein charmantes Gedicht hat einfallen lassen: "Ich tät ja weiter bepflanzen / aber mir fehlt’s an den Finanzen / Morgen komm ich mit der Büchs / und wenn‘S nix geben, macht auch nix." Mit diesem Text bat sie vor vielen Jahren ihre Nachbarn um Unterstützung. Immerhin sechs der über zwanzig im Haus lebenden Parteien geben seitdem jedes Jahr etwa fünf Euro.

In Langwasser blüht es bis Sankt Nimmerlein

© Alle Fotos: Eduard Weigert

Mit dem Geld kauft Gehring dann neue Pflanzen, Gartenzwerge oder andere Deko-Artikel. Aber auch diejjenigen, die kein Geld übrig haben, freuen sich über das Beet und loben die 76-Jährige für ihre Arbeit. Manche Leute spenden auch direkt Blumen oder Figuren, teilweise sogar anonym.

Besondere Begegnung

Besonders berührt hat Gehring die Begegnung mit einer ihr wildfremden Frau. Diese habe das Beet bewundert und so seien die beiden ins Gespräch gekommen und hätten sich gegenseitig ihre Lebensgeschichten erzählt. Der Frau hat man laut Gehring angesehen, dass sie nicht sehr wohlhabend ist. Dennoch habe sie sich nicht davon abbringen lassen, der Hobbygärtnerin zum Abschied zehn Euro zu geben, um ihre Freude über die Grünfläche zum Ausdruck zu bringen: "Da habe ich Gänsehaut bekommen", so die Rentnerin.

Negative Reaktionen auf die Bepflanzung gibt es kaum. In den Anfangsjahren wurde eine einzige Figur gestohlen, seitdem werden höchstens neue Gartenzwerge dazugestellt. Eine Frau aus dem benachbarten Neuselsbrunn, die zufällig vorbeikommt, weiß über ihren Vorgarten ganz anderes zu berichten: Schon 26 Figuren habe man ihr da herausgestohlen, bis sie schließlich aufgab. Mittlerweile lasse sie die Bepflanzung deshalb ganz sein. Von Gehrings Garten zeigt die Dame sich begeistert.

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