Ja, ist denn schon wieder Weihnachten? Die wollen nur spielen!

19.9.2014, 12:34 Uhr
Ja, ist denn schon wieder Weihnachten? Die wollen nur spielen!

Louisa von Spies wurde 1983 in Oelde (NRW) geboren und beendete 2008 ihre Schauspielausbildung am Max Reinhardt Seminar in Wien. Seit der Spielzeit 2012/13 ist sie Ensemblemitglied am Staatstheater. Zu erleben ist sie in dieser Saison unter anderem in „Tod eines Handlungsreisenden“ und „Der Diener zweier Herren“.

Der 1989 in Leipzig geborene Martin Bruchmann wurde an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig „Felix Mendelsohn Bartholdy“ ausgebildet und ist seit einem Jahr in Nürnberg engagiert. Man kennt ihn auch aus dem Fernsehen, er spielte unter anderem in der Verfilmung von Uwe Tellkamps „Der Turm“. Am Staatstheater ist er in dieser Spielzeit zum Beispiel in „Der Hässliche“ zu sehen.

Welche Geschichte/Idee steckt hinter dem Foto?

Louisa von Spies: Das müssen Sie den Fotografen Ludwig Olah fragen. Er hatte die Idee und ich habe Ihm blind vertraut.

Martin Bruchmann: Für mich sind es zwei Weihnachtsbäume, die vorm Supermarkt stehen und darauf warten, gekauft zu werden… !

Warum haben Sie sich für das Theater entschieden?

von Spies: Weil es im Ursprung die purste Form des Geschichtenerzählens ist. Und somit für mich die Grundlage des Schauspiels. Das wollte ich lernen.

Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?

von Spies: Auf mich hat ein Theaterraum immer große Faszination ausgeübt. Alles ist hier möglich, im Rahmen der spielerischen Verabredung.

Bruchmann: Mich fasziniert und interessiert die Vielfalt. Die Vielfalt, heute beispielsweise als Don Karlos und morgen in einem anderen Stück als jemand anderes auf der Bühne zu stehen. Die Auseinandersetzung mit den verschiedensten Thematiken. Das ist natürlich auch immer wieder eine Herausforderung. Aber genau das ist es, was mich antreibt und nicht still stehen lässt. Das „Nie-Ankommen“, „Immer-Weitersuchen“, „Verzweifeln“, „Scheitern“ und vielleicht auch das „Gewinnen“!

Wo haben Sie zum ersten Mal Bühnenluft geschnuppert?

von Spies: Das war vielleicht auf dem Geburtstag meiner verstorbenen Großmutter „Moma“. Sie hatte viele Gäste aus dem Dorf und ich habe ein Gedicht auf Plattdeutsch vorgetragen. Ein Tisch war die Bühne und ich war drei Jahre alt.

Welche Rolle möchten Sie unbedingt einmal spielen?

von Spies: Eine bedeutende.

Bruchmann: HAMLET!

Was nervt Sie am Theater?

von Spies: Es ist nicht leicht, Kontakte zu pflegen und am sozialen Leben Teil zu haben. Unsere speziellen Arbeitszeiten machen es oft unmöglich am Abend oder am Wochenende mit Freunden oder der Familie Zeit zu verbringen. Überhaupt Termine außerhalb des Theaters wahrzunehmen ist eine echte Herausforderung. Oft genug wissen wir heute noch nicht, wann oder was genau wir morgen proben. Es nervt auch, dass meine kleine Schwester, die ein Marketing-Traineeprogramm in einer mittelständischen Firma macht, als Einstiegsgehalt mehr verdient als ich nach meinem sechsten Berufsjahr.

Wie und wo bereiten Sie sich auf Ihre Rollen vor?

von Spies: Die zwei wichtigsten Pole sind wohl meine Vorarbeit zu Hause und natürlich die Proben. Die eigenständige Arbeit besteht natürlich hauptsächlich darin, die Texte zu lernen und zu verstehen, was dann auf den Proben angewandt und vertieft wird. Text lernen kann ich auch gut auf Reisen, oder im Café. Ich spinne auch viel im Kopf herum, wie könnte ich das spielen ? Allerdings ist die Bühnenrealität eine ganz andere. Wenn man dann da steht, ist manchmal alles, was man so schön im Kopf hatte, weg! Also, Proben ist die beste Vorbereitung!

Was ist Ihre Lieblingsrolle?

von Spies: Ich habe keine Lieblingssachen. Keine Lieblingsrolle, Lieblingsfarbe, Lieblingsmusik etc., ich mag Vielfalt und Abwechslung. Das schätze ich auch sehr am Theater. Heutzutage gibt es keine „Rollenfächer“ mehr so wie früher. Es steht nicht fest nach dem Motto „Sie sind hier am Haus der jugendliche Liebhaber“. Sicherlich liegt jedem Menschen ein bestimmter Typ nahe. Dennoch ist es in meinen Augen gerade die Kunst und die Möglichkeit des Schauspielers, in die unterschiedlichsten Rollen zu schlüpfen. 

Haben Sie einen Lieblingsautor?

von Spies: Siehe Antwort vorher!

Bruchmann: Es gibt einige Autoren, die ich sehr verehre wie zum Beispiel: Shakespeare, Schiller oder um auch einen modernen Autoren zu nennen: Wolfram Lotz – er schreibt so schön absurd. Das mag ich!

Was halten Sie vom Nürnberger Publikum?

von Spies: Es ist toll, dass hier in Nürnberg so viele Menschen ins Theater gehen. Das freut mich sehr. Natürlich gilt es trotzdem noch, Publikum dazu zu gewinnen. Das Publikum besteht denke ich aus vielen unterschiedlichen Gruppierungen. Alt bis jung, konservativ bis modern. Das Beste ist, wenn wir miteinander ins Gespräch kommen und man sich über Inszenierungen austauscht. Nicht jeder muss alles gut finden. Wir finden ja auch nicht alles Oscar-reif, was wir da machen. Offen zu sein für verschiedene Erzählformen des Theaters, sowie unterschiedliche Stoffe, das ist erstrebenswert, denke ich. Meiner Meinung nach sind die Voraussetzungen dafür in Nürnberg gegeben!

Findet das wahre Leben im Theater statt?

von Spies: Auch. Wir verbringen so viel Zeit im Theater, dass es schlimm wäre, wenn dort kein „wahres Leben“ stattfinden würde. Wir sind alle Menschen und das ist unsere Lebenszeit. Arbeitszeit ist auch Lebenszeit, das sollte niemand vergessen, denke ich. Und in einem künstlerischen Betrieb, wo viele Menschen aus Leidenschaft gelandet sind, verschwimmen sicherlich die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem mehr als anderswo. Auf der Bühne allerdings ist alles ein „Spiel“. Gespieltes Leben. So ernst es auch sein mag, „das Spiel“ darf man nie vergessen.

Bruchmann: Nein! Das Theater versucht auch nicht, das wahre Leben zu sein. Es ist höchstens eine Abbildung davon – im besten Fall ein Spiegel. Aber auch ein Ort zum Träumen, zum Leben von Utopien, ein Ort der Auseinandersetzung mit dem wahren Leben. Dazu fällt mir ein toller Satz ein, den ich irgendwo mal aufgeschnappt habe: „Das Theater repräsentiert nicht Wirklichkeit, es bildet sie nicht ab, es schafft sie neu. Wenn es gelingt, andere Bilder von ihr herzustellen, besteht Hoffnung, dass die Wirklichkeit das nicht unverändert übersteht!“

Keine Kommentare