Jede Menge Leben auf 185 Seiten

19.11.2015, 07:23 Uhr
Jede Menge Leben auf 185 Seiten

© Foto: Roland Fengler

Katharina Wasmeier dagegen, Nürnbergerin durch und durch, gehen solche Fragen unheimlich auf den Geist: „Das Klischee von Bratwurst und Lebkuchen, dass Nürnberg langweilig sein soll – ich kann’s nicht mehr hören!“Die 33-Jährige weiß: Man muss nur rausgehen und sich umschauen, es gibt hier so viel Kultur, „dass alles zu spät ist“. Die freie Journalistin, die auch für die Nürnberger Zeitung schreibt, hat ihre besten Fundstücke zusammengetragen. „Jede Menge Leben“ heißt der Freizeitführer, der sich auch mit Fürth und Erlangen beschäftigt, der Schwerpunkt liegt aber innerhalb der Stadtgrenzen der Frankenmetropole.

Weil Buchseiten endlich sind und ein Freizeitführer nicht kiloschwer schwer sein darf, hat sich Wasmeier für 83 Lokalitäten entschieden: ausgefallene Läden, Szene-Treffpunkte, Musikfestivals und Cafés zum Verlieben. Auf dem Zettel hatte sie eigentlich dreimal mehr. Die Tipps sollten ungewöhnlich sein und nicht schon allseits bekannt, weshalb es zum Beispiel der Trempelmarkt nicht ins Buch geschafft hat, oder die Kaiserburg.

Dafür sind trotz Berühmt- und Berüchtigtheit der Club vertreten und der Christkindlesmarkt – allerdings empfiehlt die 33-Jährige dazu den Markt der Partnerstädte am Platze des Fuße des alten Rathauses (lecker: „ländertypische alkoholische Heißgetränke“) und das Club-Museum in der Valznerweiherstraße. („Exponate, Texte, Anekdoten vermischen sich mit illusorischer Wehmut, die doch nicht größer werden kann als der unverrückbar feste Glaube daran, dass es garantiert immer wieder aufwärts geht.“)

Dazwischen tummeln sich die Schwarzlichtfabrik, in der es sich mit 3D-Brille in dreidimensional und neonfarben gestalteten Landschaften Minigolf spielen lässt (Nimrodstraße 10), die Cowboy-Welt der Bighorn Ranch in Birnthon, der Oldtimer-Autoverleih „Dreamday with Dreamcar“ (Ostendstraße 115). Um Geschrei und Gezänk vorzubeugen, weil der eine, überlebenswichtige Supertipp nicht im Buch sein sollte, betont Katharina Wasmeier, dass dieser Stadtführer „völlig intuitiv und subjektiv“ sei.

So mag es vielleicht auch nicht jedem behagen, dass die Zeppelintribüne als Freizeittipp vertreten ist. „Darf man sich an einem Ort pudelwohl fühlen, in dessen Poren das alte, pure Grauen sitzt?“, fragt sich die 33-Jährige. Für sie ist die Zeppelintribüne einer der schönsten Orte der Stadt, es gebe keine andere Stelle mit einer „krasseren Verzahnung“ von Nürnbergs Nazi-Vergangenheit und Gegenwart: DTM, Rock im Park, American Football, Skateboard und rollschuhfahrende Menschen, die wehenden Fahnen einer Zirkuskuppel, das sich drehende Riesenrad von Frühlings- oder Herbstvolksfest. Das ist: jede Menge Leben.

„Jede Menge Leben Nürnberg – Fürth – Erlangen“ von Katharina Wasmeier, Helwig Arenz, Peter Gruner. 185 Seiten, 15,40 Euro. ISBN 978-3-86913-592-2, ars vivendi verlag

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