Jedes Kleidungsstück ist ein Hingucker

26.6.2011, 15:55 Uhr
Jedes Kleidungsstück ist ein Hingucker

© Roland Fengler

Mit dem schlechten Gewissen nach dem Kaufrausch mussten sie jedoch alleine zurechtkommen. Jeder Aussteller hatte seine eigene Art, Kunden anzusprechen. Doris Bordon ging mit Erdbeeren auf Kundenfang: „Die kannst Du pflücken!“ rief sie den Passanten zu, deren Strom mit schöner Regelmäßigkeit vor ihrem Stand mit den fußballgroßen Erdbeeren zu erliegen kam. Pflücken?! Tatsächlich: Der flauschige Stengel der Frucht lässt sich dank Klettverschluss leicht ablösen und macht den Blick auf das Innere des „Fruchtkörpers“ frei: ein Hirsekissen. Die Grafikdesignerin füllt ihre Sitz- und Wohn-Kreationen mit Hirse und Kapok (Pflanzendaunen aus der Hohlfaser des Kapokbaumes) und sprüht nur so vor Begeisterung.

An den Ständen im grünen Herzen der Stadt spielten sich wie in einer Dauerschleife immer wieder dieselben Szenen ab: Zuerst spitze Schreie der Entzückung, dann emsiges Wühlen und schließlich ein quälend langer Prozess der Entscheidung. Besonders dem Lieblingsaccessoire der Frau, der Handtasche, hatten sich viele Designer(innen) verschrieben. Petra Lutz zum Beispiel. Die 38-Jährige verkauft unter dem Label „PeLu“ schöne Dinge wie Handtaschen aus Omas Gardinen und alten Brokatdeckchen. Die Nürnbergerin hat sich das Nähen und Designen der ausgefallenen Stücke selbst beigebracht und entspannt sich so in ihrer Freizeit.

Nina Nwaisser dagegen hat sich 2006 mit dem Label „Zweitracht“ selbständig gemacht. In ihrem Atelier auf dem ehemaligen AEG-Gelände entwirft die 31-jährige Designerin Mode im nostalgischem Stil: Blusen mit aufwendigen Details, Shirts, Röcke oder Kleider mit raffinierten Drapierungen.

Nette Dinge gab es auch am kleinsten Stand der Rosenau unter einem gelben Sonnenschirm bei drei umtriebigen Damen: Uli Haas fertigt unter dem Label „Freud`n Haas“ magnetische Schlüsselbretter und lustige Babylätzchen. Andrea Schmidt hat eine limitierte Geschirrtuch-Kollektion mit Heinz, der Kakerlake herausgebracht. Und die Dritte im Bunde, Andrea Sohler, verewigte naturalistische Fotografien auf Magneten.

Dem Studenten Philipp Krauß dient die gute, alte Schellackplatte als Inspiration seiner Werke. Vor vier Jahren hatten Sonnenstrahlen eine seiner Led Zeppelin-Platten so verbogen, dass der Student nach anfänglichem Ärger Gefallen daran fand. Heute formt der 22-Jährige den Schellack mit dem Heißluftföhn: Die Langspielplatten werden zu Obstschalen umfunktioniert und die Singles zu originellen Uhren verarbeitet. Ziffernblätter mit Titeln wie „Alle Tage ist kein Sonntag“ von Carl Clewing.

Im Zentrum des kleinen Festivals, am Minnesängerbrunnen, lockten Stände mit italienischer Antipasti, Crêpes, asiatischen Spezialitäten und kühlen Getränken. Zur akustischen Unterhaltung hatte das Musiker-Kollektiv „Mofa Schädel Records“ verschiedene Bands und DJs aus der Region verpflichtet und alle zwei Stunden präsentierten einige Aussteller ihre Kreationen bei einer Modenschau. Auch Moderatorin Sabine Hardege nutze den Laufsteg für Eigenwerbung. Die Lehrerin schickte sämtliche Familienmitglieder mit „Kleidung aus alter Zeit“ auf den Laufsteg. Doch die Nürnbergerin designt nicht selbst – sie sammelt: ein Spitzenkleid, wie es Grace Kelly auf ihrer Hochzeit trug, ein Etuikleid aus gelber Seide, knallige Mäntel und weiche Lederjacken. „Ich lagere seit 35 Jahren unzählige Kleidungsstücke in meiner Garage“, verriet die Hardege mit einem Schmunzeln.

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