Justiz-Krimi in Nürnberg: Gsell kämpft weiter um ihren Ruf

26.10.2016, 06:00 Uhr
Rückblick: 2014 sagte Tatjana Gsell (rechts) als Zeugin im Mordfall ihres Mannes Franz aus.

© Horst Linke Rückblick: 2014 sagte Tatjana Gsell (rechts) als Zeugin im Mordfall ihres Mannes Franz aus.

Vor zwei Jahren wurden die wahren Täter verurteilt, doch bis heute gab es für die Gsell kein Wiederaufnahmeverfahren.

Sechseinhalbtausend Seiten Aktenmaterial fasst die Sache Gsell – und doch klingt der ganze Fall seit Jahren nach einem Heftchenroman: Im wohl letzten Kapitel hatte Luxus-Lady Tatjana Gsell und ihr Jugendfreund, ein Ex-Staatsanwalt, versucht, ihren Namen reinzuwaschen. Doch es herrscht Stillstand.

Rückblick: Im Dezember 2014 hatte das Landgericht Nürnberg-Fürth den Tod von Franz Gsell gesühnt und zwei Rumänen wegen Raubes mit Todesfolge zu je elf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Nach langer und mühsamer Beweisaufnahme war vor der Schwurgerichtskammer ans Licht gekommen, was an jenem 5. Januar 2003 wirklich los war im Hause Gsell.

An jenem Winterabend waren die zwei Rumänen als Einbrecher in die Villa eingedrungen, nach einem Treffer in der DNA-Datenbank konnten sie erst viele Jahre später überführt werden.

Im vergangenen Jahr bestätigte der Bundesgerichtshof das Urteil gegen die beiden Rumänen. Danach sah es so aus, als folgten bald mehrere Wiederaufnahmeverfahren - stand doch der Richterspruch in krassem Gegensatz zu früheren Urteilen.

In aller Kürze: In den Jahren 2003 und 2004 ging die Justiz davon aus, dass Tatjana Gsell und Stefan M., ihr Jugendfreund, der damals noch in Hof Staatsanwalt war, eine Bande Autoschieber angeheuert hatten, damit diese einen Mercedes stehlen - diesen edlen Wagen hatte Franz Gsell Tatjana zum Geburtstag geschenkt, er parkte vor der Villa in Erlenstegen.
Damals überzeugte die Theorie, dass dieser Coup irgendwie aus dem Ruder lief und die angeheuerten Autoschieber den Doktor niederschlugen. Tatjana Gsell, Stefan M. und zwei Autoschieber wurden damals wegen Versicherungsbetrug verurteilt.  Doch nach der Neuauflage des Verfahrens Gsell war klar: Diese Überfälle fanden nie statt.

Als die Männer, die Franz Gsell wirklich auf dem Gewissen haben, verurteilt worden waren, strebten Tatjana Gsell und der Ex-Staatsanwalt Stefan M. ein Wiederaufnahmeverfahren an. Um weiteren Medienrummel zu vermeiden, beantragte Gsells Anwältin Nicole Obert im schriftlichen Verfahren beim Amtsgericht Fürth die Aufhebung des früheren Urteils gegen die Gsell. Einhellig vertreten die Anwältin und die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth die Meinung, dass Frau Gsell Entschädigung zusteht.

Im Fall des Ex-Staatsanwalts ist das Landgericht Regensburg zuständig - dort bemüht sich Rechtsanwalt Martin Reymann-Brauer und auch die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth um Wiederaufnahme. Doch bis heute wurde weder der Ex-Staatsanwalt noch die Gsell rehabilitiert. Aus Sicht von Anwalt Reymann-Brauer ein Skandal; allerdings kennt die Wiederaufnahme auch keine Fristen.

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