Kampfhunde: Fränkische Halterin ärgert sich über Hetze

13.4.2018, 05:49 Uhr
Diesen Schnappschuss hat Ginos Frauchen ins Internet gestellt. Der Hund hätte den Zeitungskasten einfach umwerfen können – das wäre dem braven "Kampfhund" aber viel zu stressig.

© Sabina Auhorn Diesen Schnappschuss hat Ginos Frauchen ins Internet gestellt. Der Hund hätte den Zeitungskasten einfach umwerfen können – das wäre dem braven "Kampfhund" aber viel zu stressig.

"Ich werde angepöbelt", sagt eine, die es wissen muss: Sabina. Sie ist das Frauchen von Gino, einem Mischling aus den Rassen Dogo Argentino und American Bulldog. Die Nürnberger Zeitung hat sich mit Frauchen und Hund getroffen. In einem Café in Gostenhof. Gebissen wurde niemand.

"Wie bekommt man Kampfhunde in den Griff?" – mit dieser Schlagzeile warb die Redaktion am Mittwoch für die NZ. Der Begriff "Kampfhund" passte Sabina überhaupt nicht. Sie postierte ihren Gino daneben, knipste ein Foto und postete es bei Facebook. "Wenn ich Zeit gehabt hätte, wäre ich den ganzen Tag dort geblieben, hätte die Leute meinen Hund streicheln lassen und sie aufgeklärt", sagt sie. Überhaupt: "Wenn ein Schäferhund beißt, dann ist das nach wenigen Wochen doch vergessen."

Ihr Gino – eine Kreuzung aus zwei Rassen, die in Bayern in die Kategorie 2 eingeordnet sind und umgangssprachlich als "Kampfhunde" gelten – ist schließlich nicht gefährlich. Er ist sogar so brav, dass er sich so gut unter dem Tisch versteckt, dass die Redakteurin ihn gar nicht gleich sieht. Ein wenig Zähnefletschen zur Begrüßung? Nix da! Gino schnüffelt kurz und legt sich hin. Radfahrer, die am Café vorbeikommen, andere Hunde, die Gassi geführt werden – all das interessiert den weißen Riesen nicht. Gino döst lieber, lässt sich ab und zu am Ohr kraulen, merkt dann, dass man auch einen Tisch weiter das flauschige Fell gekrault bekommt und legt sich dort hin. 

Wesenstest locker bestanden

In Gostenhof reagiert man heute entspannt auf den Listenhund. Das ist aber nicht immer so. "Blöd angeschaut wird man oft", sagt Frauchen Sabina. Führt sie Gino an einem Schulweg vorbei, muss sie sich immer wieder anhören, wie sie das denn wagen kann mit so einem gefährlichen Tier. "Manche wechseln die Straßenseite", sagt die junge Frau. "Lustig ist es auch, wenn fremde Leute ihn streicheln, fragen welche Rasse das ist und ich ihnen dann antworte", sagt Sabina, "da ist der eben noch so süße Hund, der mit einem Labrador verwechselt worden ist, dann plötzlich gar nicht mehr süß."

Neben Ängsten sind es aber auch die Vorurteile, die Haltern von Listenhunden zu schaffen machen. "Viele denken bei dem Thema Listenhunde an ein ganz bestimmtes Milieu mit Drogendealern, Zuhältern und Prolls." All das ist Sabina aber eben nicht. Die Sozialpädagogin findet Dogo Argentinos einfach toll. "Die sind gutmütig, stur und halten viel aus." Wenn Gino – mittlerweile ist er schon zwölf Jahre alt – irgendwann stirbt, möchte sie wieder einen Hund dieser Rasse. "Man muss sich bewusst sein, dass man dadurch Schwierigkeiten haben kann", sagt sie, "aber dafür bekommt man einen tollen Hund."

Hundeführerschein als Lösung

Auch mit dem müsste sie dann zum Wesenstest. Gino hat diesen damals übrigens locker bestanden – muss auch keinen Maulkorb tragen. Sabina wird trotzdem häufig von Passanten angemeckert, dass der Kampfhund doch gefälligst einen tragen müsse. "Der Gutachter hat ihn genau unter die Lupe genommen, hat auch geschaut, wie er reagiert, wenn geschrien wird oder ich angegangen werden." Das Ergebnis: Gino ist brav. Er stellt sich bei Gefahr höchstens vor sein Frauchen und regelt das Problem durch seine pure Körpergröße. Gut erzogen ist der 40 Kilo schwere Hund sowieso. "Ein Dogo Argentino braucht unbedingt eine liebevolle und konsequente Erziehung", sagt sie, "er muss wissen, dass ich der Rudelführer bin."

Und genau das hat sie dem Tier aus dem ungarischen Tierschutz auch beigebracht, das sich übrigens immer noch durch nichts aus der Ruhe bringen lässt. Nicht mal auf das (natürlich nicht ernst gemeinte) "Fass"-Kommando der Redakteurin will er hören, als ein Bekannter am Café vorbeikommt. Der Kampfhund will einfach nicht kämpfen. "Das Wort an sich ist doch schon Irrsinn", sagt Sabina, "es gibt keine Rasse namens Kampfhund."

Freilich – ein Dogo Argentino hat eine andere Beißkraft als ein Chihuahua. Rasselisten sind für Sabina dennoch keine Lösung. Sie plädiert dafür, dass jeder Hundehalter einen Hundeführerschein machen sollte, das Problem seien eben nicht die Hunde, sondern die Leute, die nicht wissen, wie sie mit ihren Hunden umgehen müssen. "Man muss schon wissen, was man da an der Leine hat", sagt sie. 

52 Kommentare