Kino-Pionier mit unbestechlichem Blick

5.1.2017, 12:46 Uhr
Kino-Pionier mit unbestechlichem Blick

© NN-Archiv

Die Berühmtheit von Fritz Lang und Friedrich Wilhelm Murnau hat G.W. Pabst, wie sich der 1885 in Böhmen geborene Regisseur selbst nannte, nicht erlangt. Jahrzehntelang galt er als der „große Unbekannte“, was auch damit zu tun hatte, dass viele seiner Filme zensiert und verstümmelt wurden.

Dabei gehört Pabst zu den Pionieren der Neuen Sachlichkeit, also eines Kinos, das sich in Abkehr vom deutschen Expressionismus um größtmöglichen Realismus bemühte und sozialkritische Themen aufgriff. Und er war derjenige, der in seinem frühen Meisterwerk „Die freudlose Gasse“ (1925) der späteren Hollywood-Ikone Greta Garbo zum Durchbruch verhalf.

Kontrast zwischen Verlierern und Gewinnern

Pabst zeigt in dem Film schonungslos die soziale Zerrissenheit im Wien der 20er Jahre auf und kontrastiert den Überlebenskampf der Verlierer mit dem protzigen Luxus der Gewinner. Die linke Presse bejubelte den Film, doch wegen seiner hohen politischen Brisanz kam er weltweit nur zensiert und gekürzt in die Kinos.

Ein Schicksal, das den Regisseur immer wieder ereilte. Er galt bald als der „rote Pabst“ und verfestigte diesen Ruf mit Filmen, die an die Solidarität der Völker appellieren: „Kameradschaft“ (1931) erzählt eindrucksvoll von einem Grubenunglück in Frankreich zwischen den beiden Weltkriegen. Allen Ressentiments zum Trotz helfen auch deutsche Bergarbeiter bei der Rettung. Der Film läuft zum Auftakt der Pabst-Reihe am Freitag (20.15 Uhr) mit einer Einführung von Martin Koerber von der Deutschen Kinemathek.

Pazifismus und Fantasy

Seine pazifistische Gesinnung hatte der Regisseur ein Jahr zuvor schon in „Westfront 1918“ offenbart, in dem er das Grauen des Krieges mit aller Härte entblößte. Von seinem kritischen Blick auf die Realität zeugt auch der Fantasyfilm „Die Herrin von Atlantis“ (1932), der als mythologische Erzählung beginnt und sich zu einer Parabel auf die Verkommenheit der Gesellschaft entwickelt.

Kino-Pionier mit unbestechlichem Blick

© Foto: Filmhaus

Nach der Machtübernahme Hitlers geht Pabst nach Frankreich, wo u.a. der Spionage-Thriller „Mademoiselle Docteur“ entsteht. Seine Hoffnung, in Hollywood Fuß zu fassen, hatte sich da bereits zerschlagen. 1939 wurde er bei einem Heimat-Besuch vom Kriegsausbruch überrascht. Pabst blieb in Deutschland, drehte „linientreue“ Filme – darunter das Künstlerporträt „Die Komödianten“, für das er 1941 in Venedig den Regiepreis erhielt.

Trotz einiger kommerzieller Erfolge konnte der Regisseur nach 1945 künstlerisch nicht mehr an seine früheren Werke anknüpfen. Er starb 1967 in Wien. Zu seinem 30. Todestag widmete ihm die Berlinale ihre Retrospektive, für die sein vielfach verstümmeltes Werke restauriert wurde. Die Doku „Pabst wieder sehen“ zeigt beispielhaft, wie mühselig der Erhalt des Filmerbes ist.

Karten-Tel.: 09 11/ 2 31 73 40.

http://www.kunstkulturquartier.de/filmhaus/programm/

Verwandte Themen


Keine Kommentare