Kita-Kernzeit: Eltern protestieren gegen starre Vorgaben

23.7.2017, 06:00 Uhr
Kita-Kernzeit: Eltern protestieren gegen starre Vorgaben

© Foto: Daniel Naupold/dpa

Mehr als ein Dutzend Betroffene machten am Freitag in einer Gesprächsrunde auf Einladung von ÖDP-Stadtrat Thomas Schrollinger die Gründe für ihren Protest handfest deutlich. "Ich habe drei Kinder, je eins in der Krippe, im Kindergarten und im Hort", erläutert Stefanie D. aus Rehhof. "Mit der Neuregelung wäre ich künftig den ganzen Nachmittag mit Herumfahren beschäftigt; und wir wohnen zu weit vom Hort entfernt, als dass unser Sohn das zu Fuß schaffen könnte."

Als der Sohn von Sonja H. kürzlich den Wunsch äußerte, das Fechten zu lernen, entgegnete die Mutter nur trocken: "Kannst du leider vergessen." Zumindest wenn die Neuregelung tatsächlich in Kraft tritt. Denn dann dürfen die Kinder – außer natürlich bei Arztterminen oder großen Familienfesten – nur einmal pro Woche vom Hort entschuldigt werden.

"Pädagogische Kernzeit"

Wenn das zum Beispiel schon durch Musikstunden oder Fußball "verbraucht" ist, wären weitere Aktivitäten nicht drin. Freunde müssten sich zwischen Handball und Schwimmen entscheiden – und das, ergänzt eine andere Mutter, wo es um die Schwimmfähigkeit oft nicht zum Besten stehe. Dazu kommt im Fall des Achtjährigen von Sonja H. eine Rechtschreibschwäche. "Im Hort kann ich ihn deshalb die Hausaufgaben nicht machen lassen", bedauert die Mutter.

Denn an eine Einzelbetreuung sei dort nicht zu denken. Und auf ihre generelle Frage nach der pädagogischen Leistung in der Einrichtung habe sie bis heute keine befriedigende Antwort erhalten. "Damit mein Kind die geforderten 20 Stunden pro Woche erreicht, müsste es bis 17.30 Uhr im Hort bleiben, wenn der Unterricht bis 13 Uhr dauert", rechnet Melanie S. vor. Die Stadt verweist dagegen darauf, dass diese Auslegung unzutreffend sei und "pädagogische Kernzeit" in jedem Fall "nur" bis 15.30 Uhr dauere – unabhängig von der Gesamtbuchung.

"Nur Schule ist Pflicht"

Nach einem langen Hortnachmittag sei es kaum mehr möglich, mit Kindern noch zu Hause zu lernen. "Auch mein Sohn ist dann einfach ausgepowert, da geht nur noch ein etwas Lesen, Spielen oder Fernsehen", ergänzt Maria S., ebenfalls aus dem Nürnberger Osten. Und für beide hat das Problem längst eine grundsätzliche Dimension: "Soweit ich weiß, haben wir zwar eine Schulpflicht, aber keine Anwesenheitspflicht in Horten." Viele Eltern verweisen vor allem darauf, dass ihnen in ihrer Berufstätigkeit enorme Flexibilität abverlangt werde.

"Dann muss es auch möglich sein, dass ich bei strahlendem Wetter auch mal Überstunden abbaue und mein Kind abhole, um ins Schwimmbad zu gehen", so Melanie S. Gerade als Strafe für ihr Kind und sie selbst empfindet es die Krankenschwester Isabel K., wenn ihr gemeinsame Aktivitäten mit dem Nachwuchs so gut wie versagt blieben. Als Krankenschwester arbeitet sie jeweils eine Woche komplett durch, um anschließend entsprechend ebenso viele Tage frei zu haben. An ihren Diensttagen ist sie intensiv auf die Betreuungszeiten der Einrichtungen angewiesen, an den anderen weniger. "Und ständig die Großeltern zu bemühen, geht auch nicht an."

Über 2200 Petitionsunterstützer

Inzwischen haben bereits mehr als 2200 Väter und Mütter eine Online-Petition unterzeichnet, die sich gegen zeitliche Festlegungen wendet. "Es geht auch ohne und besser", ist Schrollinger als Verfechter der Elternrechte überzeugt. Dabei seien viele Eltern bisher noch kaum informiert; Hinweise auf die Petition seien oft zurückgehalten worden, beklagen Betroffene. Ausländische Eltern hätten möglicherweise die vorgesehenen Änderungen noch gar nicht verstanden. "Der Aufschrei", prophezeit eine Fischbacherin, "kommt dann erst im Herbst."

Finanzielle Aspekte, betonen zumindest die Kernzeiten-Gegner, spielen dabei keine Rolle – ihnen geht es nicht um die Einsparung von Gebühren. Im Gegenteil: "Wir zahlen gerne die volle Belegungszeit, auch wenn sie dann nicht in Anspruch genommen wird."

Die neue Satzung für die städtischen Kindertagesstätten sieht eine Kernzeitenregelung vor und die Verpflichtung, am Mittagessen teilzunehmen.

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