Kita-Kernzeiten: Jeder Hort handhabt Umsetzung anders

21.5.2018, 06:00 Uhr
Für alle Kinder in städtischen Kitas gelten seit September neue, längere Anwesenheitszeiten. Bis halb vier müssen grundsätzlich alle Hortkinder bleiben – wer das nicht will, soll in die Mittagsbetreuung.

© dpa Für alle Kinder in städtischen Kitas gelten seit September neue, längere Anwesenheitszeiten. Bis halb vier müssen grundsätzlich alle Hortkinder bleiben – wer das nicht will, soll in die Mittagsbetreuung.

Kinder- und Jugendverbände werden Mitglieder verlieren, Kinder müssen ihre Musikkurse und Sportaktivitäten aufgeben, die Eltern haben kein Selbstbestimmungsrecht mehr: Die Kritik an den Plänen der Stadt war groß, letztendlich aber umsonst. Das Jugendamt setzte sich mit seiner Strategie durch, die Fraktionen gaben grünes Licht.

"Der Hort ist unser Premium-Modell. Wer es nicht will, kann auf ein Mittelklasse-Modell umsteigen – und das ist die Mittagsbetreuung", wie Sozialreferent Reiner Prölß damals bei der Debatte im Stadtrat sagte. Soll heißen: Wer möchte, dass sein Kind schon vor 15.30 Uhr die Betreuung verlässt, dem müsste die Mittagsbetreuung doch reichen.

Vor allem Dritt- und Viertklässler haben gewechselt

"Tatsächlich haben sich in der Anfangsphase einige Eltern von uns getrennt", bestätigt Christian Rester, der stellvertretende Leiter des Jugendamts. "Es gab ja einen Riesen-Aufschrei. Aber das war dann gar nicht so dramatisch, wir haben keine Beschwerdeflut bekommen." Genaue Zahlen, etwa wie viel Kinder vom Hort in die Mittagsbetreuung wechselten, will er nicht nennen, es sei aber "eine überschaubare Anzahl". Vor allem Dritt- und Viertklässler hätten den Hort verlassen.

Zudem müsse kein Kind nur aus dem Grund im Hort sein, weil dort – im Gegensatz zur Mittagsbetreuung – in den Ferien geöffnet ist. "Wir haben ein flächendeckendes Angebot der Stadt an Ferienbetreuung", erklärt Rester. Natürlich sei der Hort das "sicherste Angebot" und die Anmeldezahlen allein schon deswegen hoch, weil die Eltern erst im Juni erfahren, ob ihr Kind einen Platz in der Mittagsbetreuung bekommt.

Weitere Auskünfte möchte das Jugendamt vorerst nicht geben, da man die neue Regelung ein Jahr lang beobachten möchte. Ende 2018 soll für den Ausschuss ein Bericht verfasst werden, in dem die Erfahrungen mit den "pädagogischen Kernzeiten" thematisiert werden.

Jede Einrichtung macht es anders

Da das Jugendamt offenbar auf detaillierte Vorgaben verzichtet hat, handhabt jeder Hort die Umsetzung anders. Da gibt es die Einrichtungen, die Kontrollen fürchten, den Eltern aber entgegenkommen möchte. Dort löst man das Dilemma mit selbst entworfenen Formularen. Andere dagegen haben nichts verändert: "Unser Hort hat ohne Murren alle Gründe fürs frühere Abholen akzeptiert", freut sich eine Mutter, die zwei Kinder in einem Hort im Stadtosten hat.

Viele Erzieher wagen das nicht, sind mit den Kernzeiten aber unglücklich: "Wir können nichts dafür und kriegen den Frust der Eltern ab", klagt eine Frau, die in einem Hort in der Nordstadt arbeitet. Vor allem die Verordnung der Regelung "von oben" stößt sauer auf: "Ich finde den Umgang mit uns Eltern so unzeitgemäß und unfair", klagt eine Frau, die mit den Kernzeiten eigentlich einverstanden ist. Die Personen sind der Redaktion alle bekannt, sie wollen ihren Namen aber nicht in der Zeitung lesen.

Ein Tag in der Woche ist flexibel gestaltbar

Die "pädagogischen Kernzeiten" gelten für alle 140 Kitas der Stadt. Für die Krippe sind sie von 9 bis 12.30 Uhr festgelegt, für Kindergärten von 9 bis 13 Uhr. Hortkinder sollen an vier Tagen bis 15.30 Uhr bleiben, einen Tag in der Woche können Eltern flexibel gestalten. Im Hort ist der Protest am größten, weil viele Kinder in einem Alter sind, in dem sie Aktivitäten nachgehen, die schon vor halb vier beginnen.

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