Kloß mit Frisur

26.10.2010, 23:02 Uhr
Kloß mit Frisur

© Harald Sippel

Das „Altfränkische Gasthaus Pillhofer“, im Schatten des Königstors gelegen, gibt’s schon ewig, genau seit 1646. Das Hotel dazu, die Bahnhofsnähe, der Biergarten vorm Haus ziehen vor allem Touristen an. Dazu ist das Wirtshaus auch noch attraktiv, besonders der holzgetäfelte Gastraum mit den wunderbar gescheuerten Tischen. Hier gemütlich hocken bei Bier und Schweinsbraten – grad schön wär’s.

Doch so einfach geht das nicht. Wie in so vielen angeblich bayrisch-bodenständigen Gasthäusern wird auch im „Pillhofer“ eine heimattümelnde Welt inszeniert, in der alles irgendwie ein Schmankerl aus der „Brod-Pfanna“ ist. Hier „gricht ma’ Suppn wäih dahamm“, und dazu spielt der Musikantenstadel. Und weil Neofrankonia nicht viel Soße hergeben, werden sie eifrig mit Neobavarismus verquirlt.

Vermutlich gefällt den Touris die folkloristische Ranschmeiße. So betrachtet, sollte man dem Service-Personal aber eine hübschere Tracht gönnen. Das Oktoberfest liefert da jede Menge Vorlagen für Dirndl und Lederhose.

Neben verkrampften Beispielen für Mundartdichtung bietet die umfangreiche Speisekarte das Bekannte und Bewährte aus der bayerisch-fränkischen Küchentradition. Dazu gibt es die Wochenkarte mit Saisongerichten und an jedem Wochentag eine Spezialität (wie Leberkäs am Montag, Schlachtschüssel am Donnerstag, Schnitzel am Samstag oder Braten am Sonntag).

Untadelig schmeckt der Schweinebraten mit Frisurenkloß (11 Euro), auch wenn eine Biersoße nicht gebunden sein sollte. Missraten dagegen ist das Rindergeschnetzelte mit Kürbis, Johannisbeer-Balsamicosoße und Brezenknödeln (12,90 Euro) – zu hart, zu sauer, zu altbacken. Anstandslos und ohne Bohei wird das Gericht zurückgenommen. Das ist das Gute an diesem Gasthaus, vielleicht das Beste: die Bedienung – gewandt, freundlich, aufmerksam. Ein köstlicher Apfelstrudel (5,80 Euro) stimmt versöhnlich.

Chef des Hauses ist Christian Wagner, der das „Pillhofer“ nebst Hotel 2005 übernahm. Und eigentlich sollte man meinen, dass sich der versierte und erfolgreiche Gastronom („Zeit & Raum“, „Rote Bar“, „Hofladen frankenFein“), der kürzlich das „Lorenz“ übernahm, auch auf die authentische regionale Wirtshauskultur versteht. Aber vielleicht hängen wir auch nur einer Illusion nach
und Wagner macht alles richtig: Das altfränkische Gasthaus Pillhofer brummt.

Unterm Strich:

Das Erfolgsrezept des „Pillhofer“ ist die Folklore, ist die rot-weiß/ blau-weiß gewürfelte Erlebnisgastronomie, die bei den Jungen so gut ankommt. Das Wirtshaus ist richtig schön, das Essen gutbürgerlich, das Bier kommt von Paulaner, die Preise sind moderat. Wer vorsorglich (und das ist meist nötig) reserviert, sollte Plätze im Erdgeschoss bestellen, sonst sitzt er allein im Oberstübchen.

Mehr Informationen über das altfränkische Gasthaus Pillhofer in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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