Kommentar zur Utopie vom fleißigen Faulenzer

15.9.2014, 11:30 Uhr
Werden Menschen durch das Grundeinkommen automatisch zu Weltverbesserern? Vielleicht legen sie sich auch auf die faule Haut.

© Tobias Lang Werden Menschen durch das Grundeinkommen automatisch zu Weltverbesserern? Vielleicht legen sie sich auch auf die faule Haut.

Wer für sein Geld nicht mehr arbeiten muss, hätte endlich Zeit, sich sozial zu engagieren, Ehrenämter zu übernehmen und sich frei zu entfalten - anstatt frustriert die Zeit im Büro totzuschlagen. Er könnte sich besser um seine Kinder kümmern, mehr mit Freunden und Familie unternehmen und Nachbarschaftsprojekte starten. Eine wunderbare Vorstellung. Zumindest in der Theorie.

Aber würden wirklich die meisten das bedingungslose Grundeinkommen dazu nutzen, sich sozial zu engagieren? Oder würden einige nicht doch einfach den ganzen Tag Fernsehglotzen? Werden Menschen durch das Grundeinkommen automatisch zu Weltverbesserern? Vielleicht legen sie sich auch einfach auf die faule Haut.

Und das wäre ein teurer Spaß. Rund 500 Milliarden Euro pro Jahr würde das bedingungslose Grundeinkommen den Staat kosten. Finanzierbar ist das nur, wenn sämtliche staatlichen Leistungen gestrichen würden, vom Arbeitslosengeld über Bafög bis zur Rente. Der Staat würde sich auf die Rolle reduzieren, seinem Bürger 1000 Euro im Monat zu überweisen. Mehr nicht.

Berufliche Weiterbildung, Ausbildung Benachteiligter, beschäftigungsbegleitende Leistungen - alle staatlichen Hilfen, mit denen die Menschen auf eigene Füße kommen sollen, würden abgeschafft. Statt Menschen zur Fort- und Weiterbildung zu motivieren, würde ihnen vorgegaukelt, Arbeit sei etwas, was man je nach Lebensabschnittslaune tun oder eben lassen könne.

Selbst wenn viele trotzdem arbeiten, würden sie tendenziell die Stunden dafür zugunsten von mehr Freizeit reduzieren. Dadurch würde die Produktivität unserer Wirtschaft sinken, was wiederum geringere Erlöse und steigende Preise zur Folge hätte. Konsequent zu Ende gedacht, richtet sich das Modell auf diese Weise selbst zugrunde. Wenn alle weniger arbeiten, ist irgendwann kein Geld mehr da, von dem das Grundeinkommen bezahlt werden kann.

Ein sozialer Staat hingegen ermutigt seine Bürger zur Partizipation, Leistung und Kreativität. Er investiert seine Mittel gezielt in Menschen, anstatt sie mit einem monatlichen 1000-Euro-Scheck ruhigzustellen. Nur der vorsorgende Sozialstaat, der Familien-, Bildungs-, Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik intelligent miteinander vernetzt, kann für soziale Gerechtigkeit sorgen. Und für eine bessere Gesellschaft.

Braucht Deutschland ein bedingungsloses Grundeinkommen? Das Ergebnis zum nordbayern.de-Voting finden Sie hier.

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