Kostenloser ÖPNV für Senioren nur Wahlkampf-Getöse?

6.12.2016, 06:00 Uhr
Kostenloser ÖPNV für Senioren nur Wahlkampf-Getöse?

© Foto: Friso Gentsch

Martin Burkerts Vorschlag eines kostenlosen Öffentlichen Personen- und Nahverkehrs (ÖPNV) für Menschen über 70 rief bundesweit - und vor allem auch in unserem Leserforum - kontroverse Diskussionen hervor. Jetzt möchte der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses von der VAG berechnen lassen, welche Mehrkosten entstünden, wenn sein Modell umgesetzt würde. Sollten die Einnahmeausfälle über Gebühr anwachsen, will er über die Umsatzsteuer an die Länder herantreten, um Mehrkosten abdecken zu können.

Für Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) drängt sich eine Gerechtigkeitsfrage auf. Im Stadtrat würden immer wieder Anträge diskutiert, die Senioren einen Anreiz bieten sollen, ihren Führerschein abzugeben. Ziel sei es jedoch, denjenigen Rabatte einzuräumen, die bedürftig sind. "Natürlich gibt es arme Rentner!", sagt Maly. "Wir haben aber auch die reichsten Rentner aller Zeiten." Wenn Burkert bewirken könnte, dass der „generell unterfinanzierte" ÖPNV besser gestellt werde – "wir erhöhen ja nicht zum Spaß jedes Jahr die Gebühren" –, würde der OB dies natürlich begrüßen.

"VAG belasten ist unseriös"

Für Sebastian Brehm hat das Vorpreschen Burkerts rein wahlkampftaktische Gründe. "Bislang hat er noch keinen Vorschlag zur Finanzierung vorgebracht. Er streut den Menschen Sand in die Augen", kritisiert der Fraktionsvorsitzende der CSU - und wundert sich, dass Burkert, der als Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur in Berlin Regierungsmitverantwortung trägt, die Kommunen in die Pflicht nehmen will, ohne auf Bundesebene zu handeln. Einen Vorschlag einzubringen, der voll zur Lasten der VAG gehe, sei unseriös.

Ähnlich scharfe Kritik übt Achim Mletzko. Burkerts Ansinnen ist für den Fraktionsvorsitzenden der Grünen fernab der Realität, solange der Bund und das Land dem Öffentlichen Personen- und Nahverkehr (ÖPNV) nicht wesentlich stärker unter die Arme greifen.

"In Nürnberg ringen wir um kostengünstige Sozial-, Schüler- und Semestertickets auf der einen Seite und um eine Begrenzung des Zuschussbedarfs der VAG auf der anderen", sagt Achim Mletzko. Je mehr Personen in Nürnberg kostenlos oder stark subventioniert im ÖPNV unterwegs seien, umso größer werde der Zuschussbedarf der VAG. "Da wir uns den 100 Millionen Euro Zuschuss pro Jahr nähern, sehen wir keine Spielräume, wenn nicht eine Unterstützung durch Dritte mitgedacht wird", so Mletzko.

 

Verwandte Themen


VGN

16 Kommentare