Kreative Küche an einem unmöglichen Ort

1.6.2012, 00:00 Uhr
Kreative Küche an einem unmöglichen Ort

© Stefan Hippel

Dort in der Gartenstraße, wo die beiden in einer ehemaligen Lagerhalle, die auch schon eine Druckerei beherbergte, den Cateringservice „ess.brand“ betreiben und Gesellschaften bekochen, soll ab Anfang Juli auch ein Restaurant entstehen. Geöffnet nur an zwei festen Tagen in der Woche, mittags mit zwei Menüs im Angebot, abends eines mit fünf Gängen, für höchstens 40 Leute. Heinz verspricht leistbare Preise. Nicht nur Leute mit viel Geld sollen sich gutes Essen leisten können, erklärt er, auch mit Blick auf die eigene Herkunft. „Ich will damit nicht reich werden, sondern mich selbst verwirklichen.“

Till-Jonas Heinz ist ein ungewöhnlicher Gastronom. Wäre er ein „ganz normaler“, dann müsste er nach eigenem Eingeständnis sagen: hier am besten kein Restaurant eröffnen! Laufkundschaft gibt es hier, nahe dem Kohlenhof, gegenüber einem gerade in der Renovierung begriffenen Gebäude, das eine Asylbewerberunterkunft wird, nicht. Wer aus der Gostenhofer Hauptstraße in die Gartenstraße abbiegt, der macht dies nicht zufällig. Entweder man wohnt dort, man will in eine Autowerkstatt, man fährt einfach durch — oder man will eben zu Till-Jonas Heinz zum Essen. „Das hat hier schon seinen eigenen Charme“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Seit eineinhalb Jahren dient ihm die rückwärtig befindliche, ehemalige Halle in erster Linie als Produktionsstandort für seinen Cateringservice, in zweiter Linie für abendliche Events. Melanie Schüle versucht, dem schmucklosen Raum Atmosphäre und Struktur zu geben. Die Küche ist nur durch eine Art Tresen abgetrennt, die Tische stehen meist beisammen. Die Menschen, die hier essen, sollen auch miteinander reden. Im Eck ist ein Olivenbaum eingepflanzt, ein sehr altes, braunes Sofa vermittelt die Botschaft: Mach’s dir gemütlich.

Die Kundenliste der beiden umfasst mittlerweile viele namhafte Unternehmen aus Nürnberg und von weiter her, die ihre Art der Außer-Haus-Gastronomie zu schätzen wissen. Heinz kocht saisonal und frisch, inspiriert von regionaler „Volksküche“, wie er es nennt. Mit Konvektomaten arbeitet er nicht. Wenn er bei einer Veranstaltung in Neumarkt für 100 Leute den Fisch braten muss, dann eben vor Ort auf der Induktionsplatte. „Jeder hat ein Recht auf einen perfekt gebratenen Fisch“, sagt er.

Heinz hat ein Faible für originelle Produkte, mehr als drei Produkte kommen ihm aber nicht auf den Teller. Zum Entrecote etwa weißen Spargel und blaue Kartoffeln; zum Zander grünen Spargel und gelbe Paprika. Es muss „Sinn machen“, findet Heinz. Ein Salbeiblatt als unmotivierte Tellerdeko macht für ihn keinen Sinn.

Dass er Koch werden will, hat er schon mit elf, zwölf Jahren gewusst, erzählt Heinz. Gelernt hat er im Grand Hotel unter dem ehemaligen Küchenchef Günther Seitz. „Die alte Schule“, erzählt Heinz anerkennend. Hochwertige Hotelgastronomie, in der Disziplin eine große Rolle spielte. Gearbeitet hat er mal in Paris, mal in München in der Alten Bayerpost. Das hatte aber nichts mehr mit der „alten Schule“ zu tun, eher mit Systemgastronomie. Gearbeitet hat er auch bei Stefan Rottner und drei Jahre bei Fabian Feldmann, als der noch im „Schwarzen Adler“ in Heroldsberg einen Michelin-Stern erkochte.

Mit Feldmanns Küchenphilosophie — hochwertige Produkte, ideenreich und passend kombiniert verarbeitet — konnte er sich identifizieren, „das wollte ich unbedingt machen“. Feldmann hat sich inzwischen in Biarritz niedergelassen, und dass sich Till-Jonas Heinz viel bei ihm abgeschaut hat, ist deutlich zu merken. Auch das Faible für ungewöhnliche Produkte. Etwa seltene, dafür aber wohlschmeckende Tomaten- oder Paprikasorten, die er von Peter Kunze in Rednitzhembach bezieht. Brot wird, wie bei Feldmann, selbst gebacken, das süße Stück zum Schluss selbstverständlich auch, wofür Melanie Schüle mit zuständig ist. „An uns sind auch Bäcker verloren gegangen“, sagt Till-Jonas Heinz, beide lächeln.

Mehr Informationen über ess.brand in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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