Kritik an Fleischimport: In Nürnberg geht es um die Wurst

1.12.2011, 19:30 Uhr
Kritik an Fleischimport: In Nürnberg geht es um die Wurst

© Roland Fengler

Der Nürnberger schätzt sie als „Drei im Weckla“ (Drei im Brötchen), Touristen werden sie gerne auf Zinn-Tellern zu Sauerkraut gereicht – Rostbratwürste gehören zu Nürnberg wie Lebkuchen und der Christkindlesmarkt. Inzwischen genießt die Wurst sogar EU-weiten Schutz: Nürnberger Rostbratwürste müssen in Nürnberg und zudem nach jahrhundertealter Rezeptur hergestellt werden.

Nun könnte ausgerechnet die Forderung nach noch mehr Regionalität der fingerdicken, sieben Zentimeter langen und 20 Gramm schweren Wurstspezialität den Todesstoß versetzen – und das zur besten Christkindlesmarktzeit. Denn die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch und inzwischen auch fränkische Bauern verlangen: Wo Nürnberger Bratwurst draufsteht, muss auch Schweinefleisch aus dem Großraum Nürnberg, zumindest aber aus Franken, drin sein. Alles andere, so argumentiert Foodwatch, würde dem Verbraucher eine Regionalität des Produkts vorgaukeln, die es gar nicht hat. Schließlich dürfe auch nur Käse als Allgäuer Emmentaler verkauft werden, wenn der auch tatsächlich aus Allgäuer Milch hergestellt ist.

Schweine aus Dänemark und Polen

Mit der Forderung gießt Foodwatch Wasser auf die Mühlen des Bundesverbandes der Regionalbewegungen. Nach Erkenntnissen des Dachverbandes von Initiativen zu Förderung regionaler Betriebe und Erzeuger beziehen die vier großen Nürnberger Rostbratwursthersteller einen Teil des Schweinefleischs von Großmästereien aus Dänemark und Polen. „Das sind tausende von Lkw-Fahrten über Entfernungen von 800 bis 1000 Kilometer“, gab der Vorsitzende des Bundesverbandes der Regionalbewegungen, Heiner Sindel, zu bedenken. Mit Klimaschutz habe das nichts zu tun.

Sindel ist überzeugt, dass die fränkischen Mastbetriebe den Schweinefleischbedarf der Nürnberger Rostbratwursthersteller decken könnten: „Allein in Mittelfranken werden jährlich 770.000 Schweine erzeugt. Das liegt weit über dem Bedarf der Rostbratwurst-Hersteller“, sagte Sindel unter Berufung auf fränkische Bauernvertreter.

Gefahr für bayerisches Bier?

Der Chef des Nürnberger Röstbratwurstherstellers Howe, Florian Hoeneß, sagte zu dem Vorstoß der Bauern und der Regionalbewegung: „Wenn wir das konsequent weiterdenken, gibt es bald kein Münchner Bier mehr. Wo will man denn in München die ganze Braugerste anbauen?“, gab er zu bedenken. Im Übrigen habe er kein Problem, für seine Rostbratwürste das Fleisch fränkischer Schweine zu verwenden. Dies sei ihm allerdings noch nie in der von ihm benötigten Form angeboten worden. „Mit Schweinehälften können wir nichts anfangen, wir brauchen bestimmte Teile vom Schwein – und das in einer hohen Qualität“, sagte Hoeneß.

Der Vorsitzende des Schutzverbandes Nürnberger Bratwürste, Hartmut Frommer, hat ebenso wie Hoeneß keine Schwierigkeiten damit, die Rostbratwürste aus fränkischen Schweinefleisch herzustellen. Einen zwingenden Grund dafür sieht er aber nicht: „Das Besondere an den Nürnberger Bratwürsten ist doch vor allem die jahrhundertealte Rezeptur und die Art der Herstellung – und die findet in Nürnberg statt. Ob das Fleisch aus Bayreuth, Ansbach oder aus Norddeutschland kommt, ist dabei zweitrangig.“ Einer Verschärfung des EU-Regionalbegriffs räumt auch er nur geringe Chancen ein. „Was machen dann die Lübecker mit ihrem Marzipan. Bauen die dann im Stadtgebiet Mandelbäume an?“, fragt Frommer.

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