Landtagsroutinier und Bildungsexperte

21.8.2018, 13:41 Uhr
Der Landtagsabgeordnete Karl Freller, hier auf dem Dach seines Hauses in Schwabach, möchte das Ticket nach München wieder direkt lösen.

© Anja Hinterberger Der Landtagsabgeordnete Karl Freller, hier auf dem Dach seines Hauses in Schwabach, möchte das Ticket nach München wieder direkt lösen.

Angefangen hat für Karl Freller alles ganz unten. „Ganz unten“, so lautete die Überschrift des kleinen Flugblatts, mit dem der damals 26-Jährige 1982 um die Zweitstimme der Bürger bat – denn ganz unten auf dem Stimmzettel, nämlich auf dem letzten Listenplatz, befand sich der neue CSU-Kandidat.Die Bürger folgten seinem Appell, auch jungen Leuten eine Chance zu geben – und belohnten den engagierten Wahlkampf des Listen-Schlusslichts mit fast 20 000 Stimmen und einem Mandat für das Maximilianeum. „Der Listenplatz ist egal“, meint Freller, schließlich könne der Wähler bei der Landtagswahl anders als bei der Bundestagswahl die Reihenfolge der Kandidaten verändern.

Für ihn war die Platzierung in den folgenden Jahren aber noch aus einem zweiten Grund unerheblich – seit 1986 sicherte er sich in sieben Wahlkämpfen jeweils das Direktmandat im Stimmkreis Nürnberg-Süd/Schwabach und war auf die Liste nicht mehr angewiesen. Natürlich, so Freller, hole man in einem städtisch geprägten Stimmkreis nicht so viele Prozentpunkte wie CSU-Kollegen in ländlicheren Gefilden – aber selbst 2008, als die CSU einbrach, seien seine Einbußen vergleichsweise gering gewesen.

Die Wähler standen also stets hinter ihrem „Charly“, doch im politischen Geschäft hatte er auch Enttäuschungen zu verkraften. Der frühere Tageszeitungsredakteur und katholische Religionslehrer arbeitete im Landtag im Bildungsausschuss und war ab 1998 Staatssekretär im Kultusministerium. Nachdem Günther Beckstein 2007 Ministerpräsident geworden war, musste Freller weichen. Neben Beckstein und dem als Minister gesetzten Markus Söder drängte mit dem damaligen CSU-Fraktionsvorsitzenden Joachim Herrmann noch ein weiterer Mittelfranke ins Kabinett – und der Schwabacher war aus Proporzgründen gleichsam über Nacht seinen Job los.

Freude über Technische Universität Nürnberg

Doch Freller bekam neue Aufgaben, die ihn erfüllten, zum Beispiel als Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten. In dieser Funktion habe er „tiefgreifende Erfahrungen“ gemacht, „die ich nicht mehr missen möchte“. Und auch im Landtag spielte er als Vize-Fraktionschef der Konservativen und Mitglied des Haushaltsausschusses weiter eine wichtige Rolle. Freller war der Architekt des Kompromisses in der schulpolitischen Frage G8/G9 – die 11. Klasse kann nun übersprungen werden, wobei Freller hofft, dass viele Jugendliche die Zeit für ein Jahr im Ausland nutzen. Zudem freut er sich enorm darüber, dass Nürnberg die Technische Universität bekommen wird. „Das ist der Aufbruch schlechthin.“

Der 62-Jährige kann einen großen politischen Zeitraum überschauen – von denjenigen, die wieder antreten, sind nur Thomas Goppel (seit 1974) und Barbara Stamm (seit 1976, beide CSU) länger im Landtag vertreten. Der einfache Abgeordnete, meint Freller im Rückblick, habe im Lauf der Jahre medial an Einfluss verloren, was er bedauere: „In den Talkshows sitzen immer dieselben Gesichter.“ Oftmals vermisse er zudem die klare politische Positionierung. Freller nimmt denn auch jene CSU-Kollegen in Schutz, die in der Flüchtlingsdebatte für ihre heftigen Formulierungen Kritik einstecken mussten. Er selbst steht aber für eine moderate Rhetorik: „Ich komme von der Fotografie her und sehe auch die Grautöne.“

Seit 1980 ist der Club-Fan mit seiner Frau Monika verheiratet, er hat drei erwachsene Kinder und lebt in jenem Haus in Schwabach, in dem er einst aufwuchs. In der Goldschlägerstadt bringt er sich seit 1978 als Stadtrat kommunalpolitisch ein. Und auch im Landtag soll es für Routinier Freller weitergehen.

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