Landtagswahlkampf: AfD in Bayern ohne Spitzenkandidat

11.6.2018, 08:54 Uhr
Die bayerische AfD hat sich am Samstag in Nürnberg zum Parteitag getroffen, der in der Stadt von bunten Protesten begleitet wurde.

© Guenter Distler Die bayerische AfD hat sich am Samstag in Nürnberg zum Parteitag getroffen, der in der Stadt von bunten Protesten begleitet wurde.

Als einzige Partei zieht die AfD ohne einen Spitzenkandidaten in die bayerische Landtagswahl im Herbst. Nach einer zum Teil heftig geführten Diskussion und viel Kritik an den Machern des Entwurfs beschlossen die Mitglieder beim Landesparteitag in Nürnberg am Ende aber doch noch ein Wahlprogramm. Darin fährt die AfD vor allem einen harten Kurs gegen CSU, Islam und Kirchen.

Zunächst hatte sich eine Mehrheit am Wochenende für eine Mitgliederbefragung ausgesprochen – diese sollte bis Mitte August das finale Programm absegnen. Am Sonntagabend folgte dann die überraschende Kehrtwende, wie ein Parteisprecher sagte. Ein fünfköpfiges Team soll die beschlossenen Änderungen vom Parteitag nun in das Programm einarbeiten und redaktionell sowie sprachlich überarbeiten. Ihre Entscheidung gegen einen Spitzenkandidaten begründete die Partei damit, dass ihr Inhalte wichtiger seien als Gesichter.

AfD für Volksentscheide

Die gleichberechtigten Vorsitzenden der sieben Bezirke sollen nun gemeinsam diese Aufgabe übernehmen. In ihrem Wahlprogramm fordert die Partei eine Halbierung des Landtags und eine Amtszeitbegrenzung für Landtagsabgeordnete und Ministerpräsidenten. Die AfD spricht sich zudem für die Einführung von Volksentscheiden nach dem Schweizer Modell aus und sie will den Beamtenstatus bei Lehrern abschaffen. In der Innen- und Asylpolitik spricht sich die AfD gegen die doppelte Staatsbürgerschaft aus.

Wie im Bund stellt sich die Partei gegen den Islam: Er gefährde inneren Frieden, Rechts- und Werteordnung und kulturelle Identität. Moscheevereine wie Ditib sollen nach dem Willen der AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Imame, die nicht in Deutschland ausgebildet wurden, sollen hier nicht predigen dürfen. Wie die CSU fordert die AfD eine Wiedereinführung der bayerischen Grenzpolizei. Das kürzlich von der Staatsregierung beschlossene, umstrittene Polizeiaufgabengesetz will die AfD wieder abschaffen.

Trennung von Staat und Religion

Die Partei tritt zudem für eine strikte Trennung von Staat und Religion ein. Die finanzielle Unterstützung aus Steuermitteln für evangelische und katholische Kirche soll eingestellt werden – einzige Ausnahme: die „Pflege sakraler Baudenkmäler“. Die Gewährung von Kirchenasyl soll verboten werden. Die Beschneidung von jüdischen und muslimischen Jungen aus religiösen Gründen lehnt die AfD ab. Die Partei will zudem keine Verschärfungen im Waffenrecht. Den "ordentlichen Bürgern dieses Landes" müsse vielmehr der Zugang zu Waffen auch zur Selbstverteidigung erleichtert werden.

Als Gastredner bezeichnete AfD-Chef Alexander Gauland seine relativierende Äußerung über die Nazi-Zeit als "missdeutbar und damit politisch unklug". Er habe damit nichts bagatellisieren, sondern die moralische Verkommenheit von Hitler und seinen Spießgesellen ausdrücken wollen. Beim Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative in Thüringen hatte er gesagt: "Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte."

Gauland kritisiert Merkel

Der Satz fiel nach einem Bekenntnis zur Verantwortung der Deutschen für den Nationalsozialismus mit Millionen ermordeten Juden und Millionen Kriegstoten. In Nürnberg kritisierte Gauland außerdem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) heftig für ihre Flüchtlingspolitik und bezeichnete sie als "verhängnisvollste Figur der deutschen Nachkriegsgeschichte".

Er stufte ihr Wirken damit schlimmer ein als etwa das der DDR-Machthaber Walter Ulbricht und Erich Honecker, die für Mauerbau und Menschenrechtsverletzungen die politische Verantwortung trugen. Kurz für Aufregung sorgte am Samstag eine übelriechende Flüssigkeit in der Veranstaltungshalle. Eine 22-Jährige hatte sie nach Polizeiangaben hineingeschmuggelt. Etwa 600 Demonstranten protestierten friedlich gegen den Parteitag.

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