Lehrerinnen in Bayern dürfen mit Kopftuch unterrichten

17.3.2015, 15:40 Uhr
Ein generelles Kopftuchverbot für Lehrerinnen ist unzulässig, entschied das Bundesverfassungsgericht.

© dpa Ein generelles Kopftuchverbot für Lehrerinnen ist unzulässig, entschied das Bundesverfassungsgericht.

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts können muslimische Lehrerinnen mit Kopftuch künftig unter Umständen auch in Bayern unterrichten. Künftig soll jeder Einzelfall geprüft werden, wie Europaministerin Beate Merk (CSU) am Dienstag nach der Kabinettssitzung berichtete. Maßstäbe sollen das Wohl der Kinder und der Schulfriede sein. Das bayerische Schulgesetz soll nicht geändert werden. „Das kann so sein“, antwortete Merk auf die Frage, ob damit künftig auch Lehrerinnen mit Kopftuch in Bayern tätig sein könnten.

Damit rückt die Staatsregierung von ihrer bisherigen Linie ab, derzufolge Lehrerinnen an staatlichen Schulen generell keine Kopftücher tragen sollten. „Letztlich heißt das auch, dass wir dies Urteil respektieren, auch wenn wir ihm mit Zurückhaltung begegnen“, sagte Merk. Die CSU-Landtagsfraktion hatte kurz vorher noch die bisherige restriktive Linie beibehalten: „In staatlichen bayerischen Schulen darf nicht am Kopftuchverbot gerüttelt werden“, erklärte Vizefraktionschefin Gudrun Brendel-Fischer.

Das bayerische Kopftuchverbot war nicht Gegenstand des Karlsruher Verfahrens und des Urteils von vergangener Woche. Im Erziehungs- und Unterrichtsgesetz ist zwar kein ausdrückliches Verbot formuliert, wohl aber eine indirekte Anti-Kopftuch-Bestimmung.

In Nürnberg bislang kein Thema

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das generelle Kopftuchverbote für Lehrerinnen für unzulässig erklärt, sorgt in der Politik sowie an Stammtischen für rege Diskussionen. In der Praxis allerdings ist das Kopftuch kein Thema - zumindest an Nürnberger Schulen.

Schulbürgermeister Klemens Gsell gehört zu jener seltenen Gattung von Politikern, die sich in ihrem Fachgebiet gut auskennen. Dennoch muss er lange nachdenken bei der Frage, wann ihm in Nürnberg das letzte Mal eine Lehramtsanwärterin mit Kopftuch begegnet ist. „Ich glaube, da war mal 2009 eine Referendarin“, sagt Gsell. „Aber ich bin mir nicht ganz sicher, vielleicht war es auch vor sieben Jahren. Es ist jedenfalls lange her.“ Daran, wie das „Problem“ damals gelöst wurde, kann er sich dagegen beim besten Willen nicht mehr erinnern.

Seitdem war es an Nürnbergs Schulen ruhig um das Thema geworden. Zumindest bei den städtischen Schulen, so Gsell, sei ihm kein weiterer Fall bekannt. Er hält es aber nicht für ausgeschlossen, dass sich „die eine oder andere Kandidatin“ durch das Urteil ermutigt fühlt, es doch mit dem Kopftuch zu probieren. „Bislang“, so Gsell, „war es in Bayern ja ganz klar geregelt.“ Sprich: untersagt.

Lehrerinnen in Bayern dürfen mit Kopftuch unterrichten

© Eduard Weigert

Auch in der Region bislang kaum Probleme

Auch in Erlangen sowie im Landkreis Erlangen-Höchstadt ist das Kopftuch offenbar kein brisantes Thema. "Wir sind in Erlangen und dem Landkreis Erlangen-Höchstadt mit dieser Frage bisher nicht in Berührung gekommen", heißt es von Seiten des für die Grund- und Mittelschulen zuständigen Staatlichen Schulamtes. Muslimische Lehrerinnen gebe es hier nicht - mit Ausnahme einer Lehrerin für Islamunterricht, die jedoch kein Kopftuch trägt. Eine Nachfrage beim Gymnasium Höchstadt ergab ebenfalls Entwarnung. "Das ist bei uns momentan kein Thema", erklärte stellvertretender Schulleiter Ulrich Günther.

Nachdem die Verfassungshüter generellen Kopftuchverboten einen Riegel vorgeschoben haben, gestaltet sich der Umgang mit dem umstrittenen Bekleidungsstück nun komplexer: Pauschal verbieten könne es eine Schulleiterin einer Lehrerin wohl nicht mehr, sagt Gsell. Da es aber weiterhin, auch im Karlsruher Urteil, klar als religiöses Symbol gewertet wird, könne es im Einzelfall trotzdem untersagt werden. Etwa wenn es den Schulfrieden stört. „Wenn sich Kinder oder Eltern beschweren“, so Gsell, müsste es - wie das Kruzifix - raus aus dem Klassenzimmer.

Anteil an Lehrern mit Migrationshintergrund gering

Während Gsell das Urteil als „fragwürdig“ kritisiert, kommt aus der Islamischen Gemeinde Nürnberg Beifall: Der Karlsruher Richterspruch sei ein „Fortschritt für die Eingliederung der Muslime in das öffentliche Leben“. Er ermögliche, dass muslimische Frauen mit Kopftuch ihrem langersehnten Berufswunsch nach jahrelanger Debatte endlich nachgehen können.

Doch sehr viele „Frauen mit Kopftuch und erfolgreich abgeschlossenem Lehramtsstudium“, die laut IGN von dem Urteil profitieren, dürfte es ohnehin nicht geben. Der Anteil der Lehrkräfte mit Migrationshintergrund an Bayerns Schulen beträgt Schätzungen zufolge weniger als zwei Prozent.

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