Lena Dörrie: Eine Nürnbergerin im Tatort und auf Netflix

21.6.2018, 11:30 Uhr
Mit der Satire- und Sketchshow "Danke Deutschland" wird Lena Dörrie (links) als nächstes im ZDF zu sehen sein. Doch die vielseitige Schauspielerin ist ebenso im nächsten Franken-"Tatort" dabei als auch demnächst im Sechsteiler "Labaule & Erben".

© Richard Hübner, ZDF Mit der Satire- und Sketchshow "Danke Deutschland" wird Lena Dörrie (links) als nächstes im ZDF zu sehen sein. Doch die vielseitige Schauspielerin ist ebenso im nächsten Franken-"Tatort" dabei als auch demnächst im Sechsteiler "Labaule & Erben".

Nürnberger Zeitung: Frau Dörrie, ihr Name taucht unter den Schauspielern des neuen Franken-„ Tatorts“ „Ein Tag wie jeder andere“, der Ende April in Bayreuth abgedreht worden ist, auf. Wie kam es dazu?

Lena Dörrie: Es war die ganz normale Prozedur: Ich habe von der Casterin die Anfrage bekommen, ob ich denn wirklich „fränkisch“ spreche. In meiner Vita steht zwar, dass ich Fränkin bin, das muss aber ja nicht unbedingt bedeuten, dass ich fränkisch kann (lacht). Deswegen habe ich ihr gleich ein kleines Video gemacht, auf der sie sich von meinem Fränkisch überzeugen konnte. Daraufhin kam fast postwendend das Rollenangebot.

Was dürfen Sie uns denn darüber verraten?

Dörrie: Ich bin eine Zeugin eines sehr unschönen Vorfalls und werde deswegen von den Hauptkommissaren, gespielt von Dagmar Manzel und Fabian Hinrichs, befragt – ich glaube, so viel darf ich verraten.

Wie kam ihr "Fränkisch" denn bei den beiden Hauptdarstellern an?

Dörrie: Tatsächlich haben wir uns schlussendlich dagegen entschieden, dass ich stark "fränkele". Es passte an dieser emotionalen Stelle irgendwie nicht richtig. Ich hatte das Gefühl, ein starker Dialekt hätte eher abgelenkt als die Szene befördert.

Das Fränkische war also der Türöffner, wurde dann aber verworfen?

Dörrie: Das könnte man so sagen. Regisseur Sebastian Marka sah das genauso wie ich. Die Sache mit dem Dialekt ist ja ein schmaler Grat!

Die Diskussion um die Glaubwürdigkeit des fränkischen Dialekts im Franken-"Tatort" wurde ja von Anfang an sehr vehement geführt – wie gelungen finden Sie die Umsetzung bisher?

Dörrie: Ich finde, die Debatte wird zurecht geführt. Der letzte Franken-"Tatort", der ausgestrahlt wurde, hat mich hinsichtlich des Dialekts wirklich überzeugt. Ich bin sehr dafür, Dinge authentisch zu machen und möglichst nah am Original, deswegen kann ich die frühere Kritik aus Franken nachvollziehen. Man hat gespürt, dass sich die Produktion die Kritik zu Herzen genommen hat.

Kannten Sie bereits Teile des fränkischen "Tatort"-Teams?

Dörrie: Eli Wasserscheid ist auch privat eine enge Freundin, leider hatten wir keinen Drehtag zusammen. Aber wir haben uns in Bayreuth dann trotzdem getroffen. Auch mit Dagmar Manzel habe ich bei dem Kinofilm "Die verlorene Zeit" schon zusammengearbeitet und ich schätze sie als Kollegin sehr. Regisseur Sebastian Marka kannte ich bislang nicht, aber es war dennoch eine sehr schöne Zusammenarbeit. Marka war ganz klar und ruhig und wusste genau was er will; er hat mich andererseits aber auch machen lassen.

Der Kontrast zwischen Tatort und Netflix

War es Ihr erster Tatort?

Dörrie: Nein, mein zweiter. Ich habe schon mal die Tochter von Christoph Waltz in einem Münchner Tatort gespielt – aber das ist schon zehn Jahre her.

Wenn Sie so eine öffentlich-rechtliche Tatort-Produktion vergleichen mit der Netflix-Produktion "Dark“, die letztes Jahr im Dezember startete, was fällt Ihnen auf?

Dörrie: Eine Serie wie "Dark" unterscheidet sich vom Tatort sehr in der Erzählweise und in der Bildsprache. Es gibt viel mehr Freiheiten in der Umsetzung – der traditionelle Rahmen wie beim Tatort fehlt. Tatsächlich kenne ich den Regisseur von "Dark", den Erlanger Baran Bo Odar, schon sehr lange und habe mich gefreut, wieder mit ihm arbeiten zu können. Er ist sehr perfektionistisch und hat die große Verantwortung, die erste deutsche Netflixproduktion zu stemmen, sehr ernst genommen und eine deutsche Ausnahmeserie geschaffen.

Eröffnet Netflix neue Möglichkeiten für Schauspieler?

Dörrie: Ja sicherlich. "Dark" ist international sehr erfolgreich, die Geschichte kam unter anderem auch in Spanien, Südamerika oder den USA sehr gut an. So gesehen ist es natürlich eine Riesenchance für die beteiligten Schauspieler, international bekannter zu werden und viel mehr Menschen zu erreichen.

Welche Relevanz, glauben Sie. hat denn das öffentlich-rechtliche Fernsehen angesichts der Dominanz der Streaming-Dienste überhaupt noch?

Dörrie: Das kann ich nur aus dem Bauch heraus beantworten: Ich habe immer noch das Gefühl, dass es ein breites Publikum gibt, das einfach gerne fernsieht. Forschungen besagen, der Reiz des Fernsehens liege eben auch darin, dassman einfach einschaltet und es läuft etwas. Netflix oder andere Dienste hingegen setzen immer eine bewusste Entscheidung voraus. Darauf haben Menschen glaube ich gar nicht immer Lust (lacht). Ich finde es total gut, wenn eingefahrene Strukturen in Frage gestellt werden. Konkurrenz belebt hier das Geschäft – auf beiden Seiten. Mit Formaten wie "Babylon Berlin" oder "4 Blocks" werden Produktionen auf ein ganz neues Niveau gehoben. Das kann für alle Beteiligten und die Zuschauer nur von Vorteil sein. Und das merkt man bereits – es gibt tolle neue Fernsehproduktionen.

So steht es um Dörries Zukunft

Apropos. Jetzt sind Sie auf dem Sprung zum Filmfest in München Ende Juni. Was ist der Anlass?

Dörrie: Wir werden dort eine neue Serie vorstellen, die wir letzten Herbst im Raum Karlsruhe gedreht haben: Eine sechsteilige SWRSerie namens "Labaule & Erben" nach einer Idee von Harald Schmidt unter der Regie von Boris Kunz. Uwe Ochsenknecht spielt darin einen Verlagserben, der von den neuen Aufgaben in seinem Leben und seiner speziellen Familie stets heillos überfordert ist. Ich durfte seine Tochter spielen, was sehr großen Spaß gemacht hat. Ab Herbst darf man ihm dann sechs Folgen lang beim Scheitern zusehen (lacht). Die Produktion zeichnet ein ganz eigener, skurriler Humor aus, dank des wunderbaren Autorengespanns, das in Teilen auch für "4 Blocks" das Drehbuch geschrieben hat. Außerdem ist es wunderbar besetzt, so spielt Irm Herrmann, die schon mit Fassbinder und später mit Loriot gedreht hat, unsere herrlich schräge Großmutter. Ein erster Trailer steht schon im Netz.

Und was ist die nächste Gelegenheit, Sie im Fernsehen zu sehen?

 Dörrie: Ein tatsächlich erst kürzlich fertiggestelltes Format mit dem Titel "Danke Deutschland". Dabei werden tagespolitische und Alltags-Themen von einem sechsköpfigen Ensemble in kleinen Sketchen abgehandelt. Moderiert wird das ganze von Ralf Kabelka, den man aus der "Heute Show" kennt, oder als Sidekick von Jan Böhmermann in "Neo Magazin Royale". Das ganze wird dann wöchentlich während der Sommerpause der "Heute Show" gezeigt, Start ist bereits der 6. oder 7. Juli. Ich bin froh und dankbar, dass ich hier und auch mit Labaule auch wieder die Möglichkeit bekommen habe, etwas humorvolles zu machen, denn ich fühle mich sowohl in den sehr ernsthaften Stoffen wie bei Dark und dem Tatort als auch im Humoresken zuhause.

Finden Sie bei diesem vollgepackten Drehplan überhaupt noch Zeit für die Theaterbühne?

Dörrie: Wir versuchen gerade für die Produktion "Unter dem Milchwald" unter der Regie von Ulrike Arnold neue Termine am Münchner Metropoltheater zu fixieren. Das ist nicht ganz einfach, weil viele Terminkalender unter einen Hut gebracht werden müssen. Arnold ist ja mittlerweile auch Teil des Nürnberger Ensembles geworden. Ein Gast-Engagement in meiner Heimatstadt würde übrigens auch mich durchaus reizen! (lacht) Tatsächlich ist es in Deutschland auch heute noch oft eine Grundsatzentscheidung: Mache ich Theater oder lieber Film? Ich finde es für mich aber total schön, diesen Spagat zwischen Film und Theater auch weiterhin hinzubekommen. Wenn du auf der Bühne stehst, ist voller Körpereinsatz gefragt, während es bei Nahaufnahmen im Film dann eher auf punktgenaue Details ankommt. Tatsächlich hat mich die Arbeit zuletzt bei "Danke Deutschland" stark an die Arbeit am Theater erinnert: Wir haben so viele verschiedene Figuren dargestellt, ich konnte richtig tief in die ,Dialektkiste‘ greifen und viel mit Verkleidung arbeiten – das hat wahnsinnig viel Spaß gemacht.

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