Leonhard F. Seidl liest aus neuem Krimi "Genagelt"

6.2.2014, 10:04 Uhr
Leonhard F. Seidl liest aus neuem Krimi

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Schauplatz der Geschichte ist das oberbayerische Isental, wo Seidl seine Kindheit und Jugend verbrachte, bevor er nach Franken übersiedelte. Genau wie seine literarische Hauptfigur, der Privatdetektiv Freddie Deichsler, den im Roman ein geheimnisvoller Anruf seines Jugendfreundes Korbinian, genannt Kurbi, in die einstige Heimat zurück lockt.

Als er dort eintrifft, ist sein Freund allerdings gerade auf ziemlich schauerliche Art ermordet worden. Deichsler fühlt sich verpflichtet, das Verbrechen aufzuklären, und das nicht nur, weil er bei vielen Einheimischen und bei der Polizei rasch selbst als Hauptverdächtiger gilt.

Deichslers Ermittlertätigkeit gestaltet sich verständlicherweise schwierig. Tunlichst aus dem Weg gehen muss er nicht nur den örtlichen Vertretern der Staatsmacht, zu denen ausgerechnet auch noch sein Vater gehört, sondern ebenso diversen alten Bekannten und zwei Freundinnen von früher, bei denen er noch eine Rechnung offen hat. Zudem ist seine Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt durch die Tatsache, dass er mit seinem erst drei Monate alten Sohn angereist ist.

Fast genüsslich lässt Leonhard F. Seidl seinen Privatdetektiv von einer verzwickten Situation in die andere schlittern. Bei all seiner Vorliebe für das Ausmalen grotesker Szenarien gelingt es ihm jedoch, sein politisches Grund-Anliegen nie ganz aus den Augen zu verlieren. Der reale Hintergrund seiner erfundenen Geschichte ist nämlich ein seit den 1970er Jahren schwelender gesellschaftlicher Konflikt in der tiefsten altbayerischen Provinz. Dabei geht es um den Bau einer vierspurigen Autobahn mitten durch das idyllische Isental, eine der naturbelassensten Landschaften Deutschlands.

Opfer gehörte zu Gegnern

Während Landwirte und Naturschützer mehr als drei Jahrzehnte lang das Vorhaben zu verhindern versuchten und verkehrstechnische Alternativen nannten, verteidigten die Bau- und Auto-Lobby sowie die bayerische Staatsregierung hartnäckig die ursprüngliche Planung. Obwohl Deichslers ermordeter Freund Kurbi CSUler und Mitglied im Trachtenverein gewesen war, hatte er von Anfang an zu den entschiedensten Autobahn-Gegnern gehört.

Wovon zumindest seine Parteifreunde und sein Arbeitgeber, der führende Hochbau-Unternehmer in der Region, sicher nicht gerade begeistert waren. Aber hatten die ihn deshalb gleich ermorden lassen? Freddie Deichsler, der ja über lange Jahre Erfahrung mit der Mentalität der Isental-Bewohner verfügt, hält erst einmal alles für möglich. Deshalb zieht er durchaus mit einigem Zittern und Zagen in den Kampf gegen die regionalen Statthalter der Alpen-Mafia.

Das Folgende schildert Leonhard F. Seidl streckenweise im Actionfilm-Stil. Da werden Autos geschrottet und der "lonesome Cowboy" Deichsler muss ständig höchst peinliche und gefährliche Abenteuer bestehen. Und selbstverständlich hat es der Autor nicht versäumt, dem "Crime" eine pikante Prise "Sex" beizumischen. Allenfalls für die Nicht-Bayern unter den Lesern problematisch ist die häufige Verwendung von altbayerischen Dialekt-Wörtern wie "Schandi" (von Gendarmen) für Polizisten, "Pfiadi" für "Behüte dich (Gott)" oder "Hacklstecker" für Krückstock.

Am Ende gelingt es Deichsler tatsächlich, den Mörder zu entlarven, doch die politischen Drahtzieher kommen wieder einmal ungeschoren davon. Bei seiner Rückkehr nach Nürnberg erscheint dem wackeren Detektiv die Noris wie eine Insel der Seligen: Er "konnte es kaum erwarten, in die quirlige Stadt mit ihren bunten Lichtern einzutauchen, die selbst am Tag noch strahlten." Das liest man doch gern!

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