Mehr Gastro-Jobs: Nürnberg profitiert vom Mindestlohn

22.1.2017, 06:00 Uhr
Von wegen Jobkiller: Seit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns sind mehr reguläre Arbeitsplätze entstanden. Auch im Gastronomie-Bereich.

© dpa Von wegen Jobkiller: Seit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns sind mehr reguläre Arbeitsplätze entstanden. Auch im Gastronomie-Bereich.

Egal, ob Küchenhilfe oder Verkäuferin im Backshop: Selbst wer in Nürnberg nur den gesetzlichen Mindestlohn bekommt, verdient im Januar mehr Geld - und zwar 34 Cent pro Stunde. "Genau zwei Jahre gibt es den gesetzlichen Mindestlohn. Und jetzt ist er zum ersten Mal geklettert - auf 8,84 Euro", sagt Regina Schleser von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).

Die NGG Nürnberg-Fürth ruft alle Mindestlohn-Beschäftigten auf, einen "Januar-Lohn-Check" zu machen. "Sobald die Lohnabrechnung vorliegt, sollte jeder seinen Stundenlohn bis auf den letzten Cent nachrechnen. Die tatsächlich geleisteten Stunden und das Geld müssen dabei am Ende passen", so Schleser. Die NGG-Geschäftsführerin warnt zudem vor "Lohn-Tricksereien durch die Hintertür": "Es ist eine beliebte Chef-Masche, die Menschen länger arbeiten zu lassen, die Überstunden dabei aber nicht zu bezahlen. Das ist illegal."

Gespenst verscheucht

Vom "Schreckgespenst Mindestlohn" spreche keiner mehr, so die NGG. "Auch Arbeitgeber, die vor dem gesetzlichen Mindestlohn als 'Job-Killer' und 'Konjunktur-Bremse' gewarnt haben, sind in der Realität angekommen und kleinlaut geworden. Der absolute 'Pflichtlohn für den Chef' ist auch von den Arbeitgebern akzeptiert. Mehr noch: Er hat sich bewährt und dazu beigetragen, die ruinöse Dumpinglohnspirale nach unten zu stoppen", sagt Regina Schleser.

Als Zweijahresbilanz zum Mindestlohn hat die NGG jetzt eine Beschäftigungsanalyse vorgelegt. Dazu hat das Pestel-Institut in Hannover Arbeitsmarktdaten der Bundesagentur für Arbeit im Auftrag der Gewerkschaft untersucht. Im Fokus stand auch die Jobentwicklung in Nürnberg. Ein Ergebnis: Seit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns sind mehr reguläre Arbeitsplätze entstanden. Mitte vergangenen Jahres waren in der Stadt rund 295.000 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt – knapp vier Prozent mehr als zwei Jahre zuvor, als es den gesetzlichen Mindestlohn noch nicht gab.

Gerade Nürnberger Hotels, Pensionen, Restaurants und Gaststätten haben in der Mindestlohn-Phase mehr Personal eingestellt: Hier arbeiteten vor einem halben Jahr knapp 9500 Menschen in einem sozialversicherungspflichtigen Job. Im Vergleich zu 2014 ist das ein Plus von 11,7 Prozent.

"Luft nach oben"

Die NGG Nürnberg-Fürth hatte sich für den gesetzlichen Mindestlohn starkgemacht. Der Gewerkschaft ging es dabei auch um die Situation der Frauen. "Denn viele von ihnen wurden mit Niedrigstlöhnen abgespeist. Jetzt profitieren gerade sie von einem steigenden Mindestlohn", sagt Regina Schleser. So seien in Nürnberg derzeit rund 1340 Frauen weniger arbeitslos gemeldet als bei der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns.

Doch für Schleser ist beim Mindestlohn noch "deutlich Luft nach oben". Die NGG-Geschäftsführerin spricht sich für eine rasche Anhebung des untersten Lohnsockels aus: "Wir müssen Richtung zehn Euro pro Stunde - und dann weiter. Da werden wir dranbleiben. Denn alles unter einem Stundenlohn von 11,50 Euro ist Niedriglohnbereich. Und der bedeutet später Altersarmut."

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