Missbrauch: Mann drängt Kinder online zu Nacktfotos

24.1.2017, 05:50 Uhr
Er konnte seine Neigung nicht unterdrücken: Ein Nürnberger wurde erneut auffällig, erneut geht es um Kinderpornografie.

© Peter Förster/Archiv- und Symbolbild (dpa) Er konnte seine Neigung nicht unterdrücken: Ein Nürnberger wurde erneut auffällig, erneut geht es um Kinderpornografie.

Kann ein Mensch seine Sexualität sein Leben lang unterdrücken? Tom P. (Name geändert) sollte genau dies lernen - denn ihm gefallen kleine Jungs. Eine Störung, die nach Stand der Wissenschaft nicht heilbar ist. Doch Menschen wie er müssen sie in den Griff bekommen, wollen sie nicht immer wieder Leid verursachen und ihr eigenes Leben nicht immer wieder hinter Gittern verbringen.

Tom P., als Sohn eines Polizisten und einer Hausfrau in geordneten Verhältnissen aufgewachsen, fiel in der Schule bereits als 14-Jähriger auf, auch weil er übergriffig wurde. Ein Außenseiter, der damals zum Kinderpsychologen ging, so Psychiaterin Anna-Christina Wunner-Lippert.

Die Gerichtsgutachterin hat P. im August 2016 in der U-Haft besucht, da er keine Angaben machte, stützt sich ihr Gutachten auf die Aktenlage. Tom P., er bekannte sich im Alter von 16 Jahren zu seiner Homosexualität, knüpfte erste Kontakte in Szenekneipen

Er habe sich als "normal" empfunden, auch heute, vor der Jugendkammer I des Landgerichts Nürnberg-Fürth, gibt er an, dass er sich einen gleichaltrigen Partner wünsche. Und doch setzte er immer wieder seine Fantasien in Taten um. Er war noch Heranwachsender, als er in den Sommerferien 2004 an einem Baggersee mehrfach einen 13-Jährigen traf, ihn vier Mal zu sexuellen Kontakten überredete. Gewalt war nicht nötig, "die Widerstandskraft des Sonderschülers war gering", so das damalige Urteil: Im Jahr 2005 sprach das Landgericht Bamberg drei Jahre und drei Monate Jugendstrafe aus.

Auf seinem Handy waren Fotos gespeichert

Verurteilt wurde er auch wegen des Besitzes von kinderpornografischen Schriften - in seinem Handy waren Fotos gespeichert, die sexuelle Handlungen von Kindern und Erwachsenen zeigten. In der Justizvollzugsanstalt Würzburg saß Tom P. nicht nur seine Strafe ab. Er nahm an einer Therapie teil, um zu begreifen, dass er Kindern großen Schaden zugefügt hat, sie womöglich für ihr ganzes Leben traumatisierte.

Als entlassener Sexualstraftäter wurde er unter Führungsaufsicht gestellt. Er bekam einen Bewährungshelfer, ihm wurde verboten, Jungen unter 14 Jahren, insbesondere sein damaliges Opfer, zu kontaktieren. Doch Tom P. scherte sich darum kaum: Er schrieb dem Jungen, suggerierte Freundschaft und forderte Stillschweigen. Er meldete sich bei Internetforen, die unter Kindern und Jugendlichen beliebt sind, an und gab sich auf "Schüler-VZ" und "ICQ" als Gleichaltriger aus. Er erschlich sich das Vertrauen der Kinder und forderte Nacktbilder.

Er steht in der "Heads"-Kartei

Diese Verstöße gegen die Weisungen der Führungsaufsicht brachten ihm im Jahr 2009 eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und einem Monat ein. Wieder saß er hinter Gittern in der Sexualtherapie. Weil sein Rückfallrisiko als hoch galt, wurde ihm nach seiner Entlassung der Gebrauch internetfähiger Geräte untersagt. Er setzte seine Sexualtherapie fort, bekam einen Bewährungshelfer und auch die Polizei hatte ein Auge auf ihn. Seine Missbrauchschronik und seine Gefährlichkeit wurden in "Heads" gespeichert. "Heads“ steht für den sperrigen Namen "Haft-Entlassenen-Auskunfts-Datei-Sexualstraftäter" - und bedeutet, dass Kripo-Beamten regelmäßig zu Besuch kommen.

Rückfall verhindern

Und doch muss Tom P. (Verteidiger: Martin Gelbricht) vor Gericht einräumen, was ihm Staatsanwältin Andrea Elfrich vorwirft: Ende 2014 fing er wieder an, in Internetforen Kinder zu überreden, ihm Nacktbilder zu schicken. Sieben Fälle listet die Anklage auf. Vorher hatte er sich den Zugang zum Netz, gegen die Ansicht der Staatsanwaltschaft, vor Gericht erstritten.

Um einen Arbeitsplatz zu bekommen, machte er damals den Führerschein, für die Theorieprüfung wollte er im Netz pauken. Da er damals noch in Therapie war, erschien es sinnvoll, mit ihm den Umgang mit dem Internet während der Therapie zu trainieren. So sollte die Gefahr eines Rückfalls verhindert werden. Doch nun sitzt er wieder vor Gericht, hat nach seinem Geständnis drei bis vier Jahre Haft zu erwarten und die Frage ist, wie der Drehtür-Effekt "Missbrauch-Knast-Therapie-Missbrauch" endlich zu stoppen ist. Der Prozess geht weiter.