Missbrauchsverfahren: Volleyball-Trainer schwer belastet

15.2.2017, 14:49 Uhr

Der heute 39-Jährige Bernd C. schilderte einen ähnlichen Ablauf der Übergriffe, wie es schon der Hauptbelastungszeuge und 28-jährige Nebenkläger Frank U. getan hat: Danach habe der Lehrer eine freundschaftliche Beziehung zu ihm – als er etwa acht bis neun Jahre alt war — und seiner Mutter aufgebaut und beider Vertrauen unter anderem durch gemeinsame Urlaube und eine attraktive Freizeitgestaltung gewonnen.

Sein Vater, so schildert es C., sei schon früh gestorben. In Rudolf S. habe er einen Ersatzvater gesehen, hin und wieder wurde er sogar als sein "Ziehsohn" vorgestellt. Zu vier bis sechs sexuellen Übergriffen jährlich sei es über mehrere Jahre hinweg entweder bei gemeinsamen Urlauben, bei Volleyball-Turnieren oder in der Privatwohnung des Lehrers gekommen.

Vertrauensverhältnis aufgebaut

Ein weiterer Zeuge, der 34-jährige Anton P., schilderte, dass er bei einer Schwedenfahrt gemeinsam mit Rudolf S. alleine in einem Zelt geschlafen habe. Dort habe ihn S. unsittlich berührt. Zudem könne er sich an sexuelle Annäherungen in einem Saunabereich sowie beim gemeinsamen Duschen erinnern. Als Muster zieht sich in allen Aussagen bislang durch, dass Rudolf S. stets das Vertrauen der meist geschiedenen oder verwitweten Mütter und der Kinder gewinnen konnte. Aufgrund dieses Vertrauensverhältnisses gelang es Rudolf S. offenbar, die Kinder unentdeckt zu missbrauchen, so der Vorwurf.

Dieses Muster bestätigte als Zeugin auch die 61-jährige Maria A., eine ehemalige Lehrerin der Schule. Der Beschuldigte habe sich oft an Kinder von alleinerziehenden Müttern "herangemacht", im Rückblick sei dies 16 Jahre so gelaufen. Auch im Lehrerkollegium wurde das "Nähe-Verhältnis" des 59-Jährigen thematisiert. Ihre Kritik, so sagte A. vor Gericht, sei jedoch bagatellisiert worden. Inzwischen wurde bekannt, dass der Lehrer und Volleyball-Trainer Rudolf S. vor einer Hausdurchsuchung von einem befreundeten Polizisten gewarnt worden sein soll. Dies geht aus den Ermittlungsakten hervor.

Schon bei der ersten Verhandlung hatte die Mutter des 28-jährigen Hauptbelastungszeugen, Frank U., ausgesagt. Sie befand sich mit ihrem Ehemann mitten in einem Hausbau und war damals froh, dass sich jemand so aktiv um ihren Sohn gekümmert habe. Zudem mussten die Eltern den kranken Bruder von Frank U. intensiv versorgen. Der Mutter, einer 49-jährigen Erzieherin, sei nie etwas Ungewöhnliches aufgefallen – selbst bei gemeinsamen Urlauben oder Volleyball-Freizeiten mit Rudolf S. habe die Mutter Hannelore E. nichts mitbekommen. "Da dreht sich mir im Nachhinein noch der Magen um", bekannte sie in ihrer Aussage, bei der sie mehrfach in Tränen ausbrach.

"Er hat es zerstört"

Für sie sei Rudolf S. immer jemand gewesen, der ihren Sohn beschützt. Selbst als sie ihren Sohn darauf ansprach, ob etwas vorgefallen sei, habe ihr Sohn beteuert: "Da war nichts." Erst im Jahr 2014 habe sich ihr Sohn ihr anvertraut. Heute ist Hannelore E. froh, dass ihr Sohn "trotzdem seinen Weg geht". Er steht derzeit mitten im Examen eines Lehramtsstudiums. Unter Tränen sagte die Mutter: "Ich habe ihm (gemeint ist der Angeklagte, die Red.) das Wertvollste anvertraut, was ich habe – und er hat es zerstört."

Eine Ex-Freundin von Frank U. war ebenfalls als Zeugin geladen. Mit ihr, Monika V., habe er zum ersten Mal überhaupt über die sexuellen Übergriffe sprechen können, sagte die 32-jährige Erzieherin. Sie riet ihm zu einer psychologischen Beratung und dazu, auf eine Anzeige hinzuarbeiten.

Wegen Drogen im Klinikum

Nachdem die Verteidiger des Volleyball-Trainers das Gericht darauf aufmerksam gemacht hatten, dass der Hauptbelastungszeuge wohl Drogenprobleme habe, kam auch dieses Thema zur Sprache. Frank U. war im September 2015 für über eine Woche wegen einer durch Drogen hervorgerufenen Psychose im Klinikum Nord. Bis zu dem Zeitpunkt hatte er nach eigenen Angaben täglich Cannabis konsumiert. Die Ärztin, die ihn damals behandelt hatte, bestätigte denn auch eine "drogenindizierte Psychose" sowie eine "Ich-Störung". Nach wenigen Tagen seien jedoch die Symptome abgeklungen, er sei dann "unauffällig" gewesen und entlassen worden.

Inzwischen haben sich bei der Staatsanwaltschaft weitere Be- und Entlastungszeugen gemeldet. Der Prozess wird fortgesetzt.