Mohammed-Film: Gloser warnt vor Pauschalisierungen

24.9.2012, 11:43 Uhr
Mohammed-Film: Gloser warnt vor Pauschalisierungen

© Marcus Simaitis (dpa)

„Gemeinschaftsprojekte gestalten und gute Nachbarschaft fördern sind die Hauptanliegen des Begegnungszentrums Brücke-Köprü“, sagt Pfarrer Hans-Martin Glöel, der Moderator der Veranstaltung, zur Begrüßung. Gerade angesichts des Proteststurms um den Film müssten Christen und Muslime verstärkt miteinander reden.

Das umstrittene Video – ein Zusammenschnitt des Films „Die Unschuld der Muslime“ – ist seit Anfang Juli online auf Youtube zu sehen. Vor allem ist dieser Clip eines kaum bekannten US-Regisseurs eines: absurd. Dennoch hat er in weiten Teilen der islamischen Welt für Proteste mit mehreren Todesopfern gesorgt.

Günter Gloser nahm die Einladung zum Anlass, seine Sicht der Situation zu erläutern. Der Nürnberger gilt als Kenner des Nahen und Mittleren Ostens und hat schon knapp 90 Besuche in Ländern der arabischen Welt und dem Iran hinter sich: „Ich habe mich auf meinen Reisen immer bemüht, Brücken zu bauen“, so Gloser, das Motto der Stadt(ver)führungen aufgreifend. Die Ermordung des US-Botschafters in Libyen habe ihn „sehr bestürzt“. Dennoch kritisiert er die seiner Ansicht nach einseitige Berichterstattung über die Region: „Warum man immer nur diese negativen Bilder zeigen muss, verstehe ich auch nicht.“

Über die Vielfalt der politischen Landschaft in den Ländern des „Arabischen Frühlings“ erfahre man sehr wenig: „In Tunesien und Ägypten gibt es innerhalb der islamischen Parteien viele Flügel, die ganz unterschiedliche Ansichten vertreten und kontrovers miteinander diskutieren“, merkt Gloser an. Es sei vor allem wichtig, ordentlich zu differenzieren: „Wir können nicht von Muslimen sprechen, als handele es sich dabei um eine monolithische Masse.“ Diese Meinung teilen auch viele Zuhörer, wie zahlreiche Wortmeldungen verdeutlichen.

„Warum werden nach dem Arabischen Frühling so viele Hoffnungen enttäuscht – was läuft falsch?“ will Moderator Glöel wissen. Den Zuspruch für islamische Parteien, wie etwa die ägyptischen Muslimbrüder oder die tunesische Nahda-Partei, erklärt Gloser so: „Diese Gruppierungen waren präsent und haben auch in abgelegenen Landesteilen um Wähler geworben. Mit materiellen Geschenken hat man zudem nicht gegeizt.“ Seiner Meinung nach müsse man dem Demokratisierungsprozess mehr Zeit geben und auch hier differenzierter hinschauen: „Einiges hat sich seit den Revolutionen durchaus zum Guten verändert – besonders im Bereich der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit.“ Es sei zudem fälschlicherweise angenommen worden, dass in der Region ein Domino-Effekt eintreten würde: „In Marokko haben ein paar Reformen ausgereicht, das System zu stabilisieren, Algerien ist nach wie vor eine Black Box.“

Der Aufruhr um Mohammed-Karikaturen oder Schmähfilme führt schließlich zum Thema Pressefreiheit. Gloser wehrt sich dagegen, den als „Blasphemie-Paragraphen“ bekannten Paragraph 166 im Strafgesetzbuch zu verschärfen oder die Freiheit der Presse einzuschränken. Die Balance müsse aber gewahrt werden und manches gehe auch ihm zu weit. „Was die ,Titanic‘ sich kürzlich erlaubt hat, finde ich geschmacklos“, so Gloser in Hinblick auf den Rechtsstreit zwischen dem Papst und der Satirezeitschrift. Das Juli-Titelbild des Blattes zeigte das Oberhaupt der katholischen Kirche in weißer Soutane, auf der in Schritthöhe ein großer gelber Fleck prangte. Das Ganze wurde mit einer zweideutigen Überschrift kommentiert. „Gegen diese Art von Journalismus sollte man sich durchaus stellen“, findet Gloser.

Auch hier stimmen viele Zuhörer mit dem Bundestagsabgeordneten überein. Wie unmöglich es jedoch ist, eine allgemeingültige Grenze des guten Geschmacks festzulegen, wird ebenfalls deutlich. Eine Dame merkt an, dass der satirische Monty-Python-Film „Das Leben des Brian“ ihre religiösen Gefühle verletze. Andere können über diese Art von Humor herzhaft lachen. Fazit der Diskussion: Der Dialog zwischen verschiedenen Religionen müsse immer wieder aufs Neue geführt werden. An vielen Stellen solle man zudem genauer hinsehen und die Dinge nicht verallgemeinern. „Genau das ist unser tägliches Brot bei der Brücke“, schließt Hans-Martin Glöel die Diskussion.
 

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