Multikulti-Moschee an der Hessestraße wächst weiter

11.1.2017, 05:41 Uhr
Mostafa Eljojo hat gerade Platz im Gebetsraum - an den Freitagen sieht das jedoch ganz anders aus. Weil so viele Gläubige kommen, wird mittlerweile in zwei Schichten gebetet.

© Fotos: Roland Fengler Mostafa Eljojo hat gerade Platz im Gebetsraum - an den Freitagen sieht das jedoch ganz anders aus. Weil so viele Gläubige kommen, wird mittlerweile in zwei Schichten gebetet.

Schon bevor die große Flüchtlingswelle in Nürnberg ankam, hat die Islamische Gemeinde Nürnberg (IGN) geholfen. In der Zentralen Aufnahmeeinrichtung in Zirndorf wurden etwa Teppiche verteilt, damit die Gläubigen nicht zum Gebet auf Kartons knien müssen. Mostafa Eljojo, der Vorsitzende der IGN übersetzte im September 2015 in der provisorisch aufgebauten Zeltstadt im Stadionbad – dafür bekam er den "Ehrenwert-Preis" der Stadt verliehen.

Die Auszeichnung für den IGN-Vorsitzenden steht stellvertretend aber auch für das Engagement seiner Mitstreiter. Und das kommt nicht nur deshalb zustande, weil die Einrichtung so gerne helfen will – es ist auch der Tatsache geschuldet, dass sie es so gut kann.

Die IGN ist bunt

Anders als viele andere Moscheen konzentriert sich die IGN nicht auf Menschen mit einem bestimmten Migrationshintergrund. Iraker, Syrer, Afghanen, Afrikaner – mehr als 40 Sprachen werden an der Hessestraße gesprochen. Wenn ein Flüchtling einen Dolmetscher braucht – hier wird er fündig. Aber es ist mehr als nur Übersetzungshilfe. Die IGN hilft auch beim Ausfüllen von Formularen, begleitet zu Terminen bei Behörden, vermittelt Orientierungswissen zum Alltag und zur Kultur in Deutschland, organisiert Sprachkurse. Und stellt ihr Fachwissen zur Verfügung.

So wurden etwa auch Betreuer von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen auf die Besonderheiten im Umgang mit muslimischen Jugendlichen hingewiesen und geschult. An der eigenen Kletterwand (die Gemeinde hat einen Aufzugschacht im Gebäude der Moschee umgebaut) lernen auch junge Flüchtlinge, wieder Vertrauen in sich und andere zu fassen.

Multikulti-Moschee an der Hessestraße wächst weiter

© Fotos: Roland Fengler

Freitagsgebet in Zweischichtbetrieb

Zum Gebet während des Fastenmonats war der Andrang so groß, dass die Menschen auf der Straße beteten. Ganz so stark wie während des Ramadan ist der Andrang derzeit freilich nicht. Aber dennoch kommen so viele Menschen, dass der Gebetsraum nicht ausreicht. Mittlerweile gibt es das Freitagsgebet deshalb im Zweischichtbetrieb.

Gebetet wird auf Arabisch, wer mag, bekommt die deutsche Übersetzung per Kopfhörer. Dass die Predigt auch Inhalte hat, die die Situation im Nahen Osten betreffen, ist für Eljojo selbstverständlich. "Die Menschen, die hierherkommen, haben schließlich Verbindungen dorthin", sagt er, "viele haben Angehörige in Aleppo." Inhalte, die der Verfassungsschutz kritisieren würde, kommen jedoch nicht vor. "Die Rede wird vorab kontrolliert", sagt Eljojo.

Moschee sucht Kontakt zu Sicherheitsbehörden

Wer die Moschee von innen gesehen hat, der kann sich kaum vorstellen, dass die IGN immer wieder ins Visier der Verfassungsschützer gerät. Die Gemeinde engagiert sich, zeigt sich transparent – und kann doch nicht alle Menschen kontrollieren, die zum Freitagsgebet kommen. "Wenn wir aber mitbekommen, dass sich jemand nicht an unsere Hausordnung hält, dann fliegt er raus", sagt Eljojo. "Wir suchen doch selbst schon Kontakt zu den Sicherheitsbehörden", sagt er, "schon allein deshalb, weil wir unsere Leute schützen wollen."

Verbindungen zur Islamischen Gemeinde Deutschland, die wiederum Kontakte zur Muslimbruderschaft hat, wie es der Verfassungsschutzbericht kritisiert, habe man in Nürnberg nicht. "Für Extremisten gelten wir als Ungläubige", betont Eljojo – an der Hessestraße werde schließlich ein gemäßigter Islam gepflegt.

Lediglich das Gebäude, in dem die Moschee untergebracht ist, sei von der IGD für den symbolischen Preis von einem Euro gepachtet. Man habe bereits versucht, das Gebäude zu kaufen – aber nicht einmal der Anwalt, der die IGN regelmäßig vertritt, habe einen Kontakt zur IGD herstellen können.

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