Nach Fritz und Moby: Wie der Tiergarten nach Leittieren sucht

25.9.2018, 05:47 Uhr
Binnen weniger Monate hat der Tiergarten mehrere Publikumsmagneten verloren: Die Delfine stehen ohne Tümmler-Legende Moby da. Löwe Subali ist der Ersatz für den im Februar gestorbenen Thar. Die Gorilla-Damen warten noch auf den Nachfolger von Silberrücken Fritz, der kürzlich eingeschläfert werden musste.

© Eduard Weigert Binnen weniger Monate hat der Tiergarten mehrere Publikumsmagneten verloren: Die Delfine stehen ohne Tümmler-Legende Moby da. Löwe Subali ist der Ersatz für den im Februar gestorbenen Thar. Die Gorilla-Damen warten noch auf den Nachfolger von Silberrücken Fritz, der kürzlich eingeschläfert werden musste.

Am Sterben des 58-jährigen Delfin-Opas nahmen die sechs weiblichen Tümmler regen Anteil. "Sie sind an dem abgetrennten Becken vorbeigeschwommen und haben zu Moby hereingeschaut und hereingerufen", berichtet Tiergarten-Veterinärin Katrin Baumgartner von den letzten Stunden des Säugetiers, "jetzt ist die Gruppe ein bisschen durch den Wind, es herrscht ein wenig Unruhe."

Rangkämpfe gibt es allerdings ebenso wenig wie Aggressionen, die Tümmler sind in dieser Hinsicht ausgeglichen, erklärt die Tierärztin nachdrücklich. Moby hatte über die Jahre hinweg bis zum Schluss eine sehr stabilisierende, ausgleichende Rolle gespielt, auch wenn er sich zuletzt gelegentlich ein wenig von den Artgenossen abgesondert hatte.

Zucht europaweit gesteuert

Der Tiergarten sieht derzeit keine Notwendigkeit, über das Europäische Erhaltungszucht-Programm (EEP) einen neuen Bullen zu holen. "Wir müssen nicht unbedingt züchten, es gibt genügend Tümmler", meint Tiergarten-Vizedirektor Helmut Mägdefrau, der lieber die Sanierung der Lagune abwarten will. Von der Baustelle kann er jedoch nichts Neues berichten.

Der Nürnberger Zoo hat Mobys Tod den EEP-Zuchtbuchhaltern für Delfine in Athen und Valencia gemeldet. Dort wird die Verteilung und Zusammensetzung der Delfingruppen in Zoos europaweit gesteuert. Im Labor wird nun Mobys genaue Sterbeursache untersucht. Mit 58 Jahren war er einer der ältesten Delfine in Zoohaltung weltweit. Welches weibliche Säugetier jetzt seine Stelle beim Training und während der Vorführungen einnimmt, müssen die Tierpfleger erst in nächster Zeit entscheiden.

Doch wenn eines Tages ein neuer Bulle an den Schmausenbuck kommt, ist es ähnlich wie bei den Menschenaffen: Die absolute Sicherheit, ob er in die Gruppe passt oder ob er sie aufmischt, gibt es nicht. Natürlich achten die Koordinatoren der jeweiligen EEP darauf, ob das neue Tier die Gruppe genetisch ergänzt: Es darf keine nahe Verwandtschaft geben, um Inzucht zu vermeiden.

Aber der Stammbaum sagt noch nichts über das soziale Verhalten und die Verträglichkeit des neuen Mitbewohners aus. Daher besuchen Nürnberger Zoopfleger die tierischen Kandidaten vor Ort, um sich in Gesprächen mit Kollegen und eigenen Beobachtungen ein Bild zu machen.

Derzeit schauen sich die Menschenaffen-Pfleger(innen) einen möglichen Nachfolger für Gorilla Fritz an, der Anfang September eingeschläfert werden musste. Wer es ist und woher er kommt, darüber will die Tiergarten-Leitung derzeit noch nichts mitteilen: "Über ungelegte Eier reden wir nicht", meint Biologe Mägdefrau.

Bei der Bewertung des künftigen Silberrückens geht es um Fragen wie: Passt der Neuling in die Nürnberger Gruppe mit vier weiblichen Gorillas? Was hat er gelernt, wie ist sein Umgang mit den Artgenossen? Hat er ein eher ruhiges oder nervöses Wesen, ist er noch recht verspielt oder wirkt er gesetzt und in sich ruhend?

Bei der Beobachtung spielt die Erfahrung der Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. Doch auch sie können keine 100-prozentige Prognose abgeben. Wie reagiert der neue Silberrücken auf die neue Umgebung? Gibt es blutige Rangkämpfe mit den vier hiesigen Menschenaffen? Oder entwickelt sich alles ganz friedlich? Eine gewisse Unklarheit bleibt. Deshalb testet man das Zusammensein erst im Affenhaus und nicht auf der Freianlage aus. Im Gebäude kann man die Tiere mit Hilfe von Schiebern einfacher trennen, im Gelände ist ein Eingreifen kaum möglich.

Wasserwerfer bei Raubkatzen

Daher gelangt auch das neue Löwenpaar momentan nur getrennt ins Freie. Schließlich sind beide Raubkatzen erst seit kurzem in Nürnberg: Das weibliche Tier kam im Mai, Kater Subali vor einem Monat an den Schmausenbuck. Die Löwen können die Spuren des jeweils anderen im Gelände riechen, sie hören das Gebrüll oder Fauchen und sie sehen einander in getrennten Käfigen.

Für ein erstes Zusammenkommen ist es zu früh. Das erfolgt in Absprache mit den Tierpflegern, sagt der stellvertretende Direktor Mägdefrau. Man will das Risiko einer missglückten Zusammenführung möglichst gering halten. Eine Möglichkeit zum Eingreifen beim ersten RaubkatzenRendevouz in der Freianlage hat man sich in der Vergangenheit vorbehalten: Die Feuerwehr war mit einem einsatzbereiten Wasserwerfer am Gehege präsent — für den Fall, dass sich die Löwen ernsthaft angreifen.

Verwandte Themen


6 Kommentare