Nach Germania-Aus: Reisebüros kommen kaum hinterher

8.2.2019, 06:00 Uhr
Nach Germania-Aus: Reisebüros kommen kaum hinterher

© Foto: Federico Gambarini/dpa

Olgun Demir findet klare Worte: "Es ist ein Alptraum für alle Beteiligten", sagt der Geschäftsführer des Reisebüros sonnenklar.TV in der Innenstadt. Seit die Airline Germania bekanntgegeben hat, dass sie Insolvenz anmelden und ihren Betrieb einstellen musste, stehen in der Färberstraße die Telefone nicht mehr still. "Wir haben alle darunter zu leiden. Das ist schon heftig", sagt Demir mit Blick auf 17 Germania-Flüge, die pro Woche ausfallen, und 400 Kunden, die alternative Reisemöglichkeiten benötigen.

Reiseveranstalter sind gesetzlich verpflichtet, für adäquaten Ersatz zu sorgen. Doch Alternativen sind gerade sehr schwer zu finden, wie Demir erklärt. Wenn es welche gibt, kosten sie häufig deutlich mehr als bei der ursprünglichen Buchung. In anderen Fällen passen Touristen die neuen Abflugzeiten oder -orte nicht. Sie stornieren ihr Vorhaben, um wenigstens ihr Geld zurückzuerhalten. Das können aber nur Kunden machen, die eine Pauschalreise gebucht haben.

Einzelplatzbuchungen hatte der Geschäftsführer, der gerade zahlreiche Überstunden schiebt, immerhin nur wenige. Etwa zehn Kunden bleiben auf ihren Kosten sitzen, weil sie direkt bei Germania gebucht hatten.

Für dringend nötig hält Demir eine Gesetzesänderung: "Germania ist ja nur ein Symbol. Die nächste Pleite kommt bestimmt." Bislang gingen laut Demir stets die Reiseveranstalter in Vorleistung – und trugen das Risiko. Eine Insolvenzversicherung für Fluggesellschaften, die bei einer Pleite Kunden absichert, ist trotz der Erfahrungen mit der Air-Berlin-Insolvenz nach wie vor nicht beschlossen. Demir fragt sich, was passiert, wenn infolge einer Airline-Insolvenz ein Reiseveranstalter unverschuldet in die Pleite schlittert. Um etwas zu ändern, seien die EU und die Bundesrepublik gefragt.

 

Nach dem Germania-Aus haben auch andere Reisebüros gerade alle Hände voll zu tun. "Einfacher wird es sicher nicht", sagt Jennifer Gottbehüt mit Blick auf die zum Teil exotischen Reiseziele, die fürs Erste nicht mehr von Nürnberg aus angesteuert werden. Die Mitarbeiterin des Reisebüros Globetrotter am Trödelmarkt nimmt dieser Tage zahlreiche Anfragen entgegen, wie es denn nun weitergehe. "Die Mehrarbeit erstattet uns niemand", beklagt Gottbehüt. Provision gebe es nur, wenn Kunden einen komplett neuen Flug buchen.

Politik in der Pflicht

Für Jutta Friese von Noricus Tours in der Rothenburger Straße ist das Germania-Ende eine Tragödie. "Wir sind ziemlich sauer, dass die Politik nicht hilft. Es wird zwar gesagt, dass es nur eine Firma betrifft, aber das ist nicht so", beklagt die Reiseverkehrskauffrau. Die ganze Branche sei betroffen: Mehrkosten und Mehrarbeit tragen die Veranstalter, mehr arbeiten müssen auch die Reisebüros – und für die kleinen Flughäfen wird es eng.

Dass etliche Ziele, die nun wegfallen, künftig weiter ab Nürnberg angeflogen werden, hält Friese für unwahrscheinlich. Immerhin, das bestätigt Friese wie Gottbehüt, sind die meisten Kunden verständnisvoll und geduldig.

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