Nach NSU-Morden: Trend zur Islamophobie

8.5.2013, 09:30 Uhr
Die NSU-Morde - hier türkische Zeitungsausgaben zum Prozess - haben in Deutschland lebende Türken verunsichert.

© Güsten Die NSU-Morde - hier türkische Zeitungsausgaben zum Prozess - haben in Deutschland lebende Türken verunsichert.

Das Motto des Abends drückt Hoffnung aus. „Frei von Furcht in Nürnberg leben“ heißt die Veranstaltung in der Villa Leon. Dass das für viele Städter mit Migrationshintergrund derzeit nicht gilt, weiß Sefik Alp Bahadir. Er ist Professor an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Und er ist Türke, zudem Vorsitzender der türkischen Gemeinde in der Metropolregion Nürnberg. „Es ist Verunsicherung zu spüren, viele Türken fürchten sich“, sagt er. Sie hätten Angst, ein Plakat bei einer öffentlichen Demonstration hochzuhalten, das habe eine Kundgebung an der Lorenzkirche gezeigt. Bahadir sieht einen Trend zu „Türkenfeindlichkeit und Islamophobie“.

Das Problem sei, dass man das nicht genau messen kann, „weil es keine Erhebungen zu den sogenannten Hassdelikten gibt — anders als in anderen OSZE-Staaten“. Das soll sich ändern, sagt Martina Mittenhuber, Leiterin des Menschenrechtsbüros. Sie verweist auf das Pilotprojekt Antidiskriminierungsstelle. „In etwa zwei Jahren wollen wir über alle Diskriminierungsfälle Statistiken haben.“

Cooper Thompson sieht eine andere Schwierigkeit: „Die Arroganz in der deutschen Mentalität.“ Die erlebt der Amerikaner in seiner Funktion als ein Vorstand des Nürnberger Integrationsrats. „Selten kommt jemand zu uns und fragt nach unserer Meinung.“



Der Integrationsrat und das Menschenrechtsbüro sind Veranstalter der regen Diskussion, die in der Villa Leon an diesem Abend abläuft. Immer wieder wechseln die Menschen am Podium, dann darf wieder das Publikum seine Meinung äußern. Dort meldet sich eine engagierte Bürgerin, früher Betriebsrätin, seit 43 Jahren Nürnbergerin mit Migrationshintergrund. „Unsere Stadt ist trotzdem sicher“, sagt sie. Sie will die NSU-Morde auch nicht allein auf die türkische Gemeinde runterbrechen. „Das ist Nazi-Sache, da geht es um mehr, um einen Angriff auf die Menschlichkeit.“ Wer dafür alles verantwortlich ist, „das muss im Prozess rauskommen“. Das sei ein erster Schritt.

Wie die Nürnberger vor Ort helfen können, Vorurteile abzubauen, wird lange diskutiert. Eine bessere Ausbildung für Menschen mit Migrationshintergrund wird von vielen als Schlüssel genannt. Die beste Prävention aber sei der respektvolle Umgang miteinander und ein starker Zusammenhalt. Den wollen zahlreiche Initiativen fördern, die Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion zum Beispiel oder verschiedene Stadtteilforen. Auch ein positives Ergebnis dieses Abends: Dass diese alle an einem Tisch zusammengekommen sind.
 

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